Sonntag, 20. November 2011

--->>> "Alle bisherigen #Opfer hatten einen #südländischen #Habitus" [via scharf-links.de]

"(...) Zwei prägnante Sätze aus dem Fahndungsaufruf der bayrischen Polizei vom 18. 8. dieses Jahres, die eigentlich schon alles sagen…“ Artikel von Karl

- Ludwig Ostermann vom 14.11.11 bei scharf links"

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"Ein durchgängiges Motiv für alle 9 Taten ist bisher nicht ersichtlich"
von Karl - Ludwig Ostermann

"Alle bisherigen Opfer hatten einen südländischen Habitus"


Bildmontage: HF

Zwei prägnante Sätze aus dem Fahndungsaufruf der bayrischen Polizei vom 18. 8. dieses Jahres, die eigentlich schon alles sagen.
Und: "Nach dem momentanen Stand der Ermittlungen wird die Mordserie sowohl in Richtung der Organisationstheorie als auch in Richtung eines Einzeltäters verfolgt" (1) Verfolgt wurde aber offensichtlich nur die "Organisationstheorie", wie die folgende Analyse zeigen wird. Mit fatalen Folgen.

Nach den erschütternden Nachrichten über die Blutspur der Zwickauer Mörderbande und den ebenso erschütternden Enthüllungen über die mehr als laxen Ermittlungen gegen die Neonazistrukturen in Thüringen und die Bombenleger von Jena, die sich 13 Jahre später als Massenmörder entpuppten sowie den Nachrichten über die Durchsetzung der 'Thüringer Heimatfront', der sie angehörten, mit Spitzeln des Verfassungsschutzes soll hier nun eine Erklärung versucht werden, was bei der Fahndung nach ihren Mordopfern, die als Imbissbetreiber und Kleinhändler arbeiteten, eigentlich geschah.

Ausgeklammert wird hier zunächst die Frage, warum in den Ermittlungen zu den Anschlägen in Düsseldorf und Köln nicht frühzeitig diese Täter ins Visier kamen. Die drei Personen waren den Behörden bereits lange bekannt. Sie werden dem Thüringer Heimatschutz zugerechnet, einer rechtsextremistischen Organisation. Gegen sie und weitere Mitglieder des Thüringer Heimatschutzes wurde 1997 ermittelt. Das Trio wurde vernommen, danach aber freigelassen.

Nachdem die Polizei 1998 in der Garage von Zschäpe in Jena eine Bombenwerkstatt ausgehoben und fünf funktionsfähige Rohrbomben und 1,4 Kilo TNT gefunden hatte, waren die drei geflüchtet und abgetaucht (2). Auch (zunächst) ausgeklammert werden soll die Frage, warum die Fahndung nach den Abgetauchten um 2003 'wegen Verjährung' abgebrochen wurde (3).

Es soll um die 'Döner - Morde' gehen: Als „Döner-Mordserie“ oder „Mordserie Bosporus“ wird in deutschen Medien eine bundesweite Mordserie an vornehmlich türkischstämmigen Kleinunternehmern bezeichnet, die einen bis dahin beispiellosen polizeilichen Ermittlungsaufwand nach sich zog. Zuzuschreiben sind die Morde vermutlich zwei der Neonazi-Szene zuzuordnenden Bankräubern, die im November 2011 Suizid begingen, und einer Komplizin, die sich danach der Polizei stellte, dem sogenannten „Zwickauer Trio“. Dieses wird auch verdächtigt, den Polizistenmord von Heilbronn begangen zu haben. Der erste Mord der Serie ereignete sich am 9. September 2000, der bislang letzte am 6. April 2006; insgesamt wurden neun Menschen getötet. Im November 2011 wurde ein Bekennervideo der Tatverdächtigen sichergestellt. (4)

Die Ermittlungspraxis deutscher Polizeibehörden ist ohne direkten Zugang zu den Pressestellen und den Leitern der Fachkommissariate nur schwer zu durchschauen. Insbesondere im vorliegenden Fall besteht außerdem nach Bekanntwerden der Zwickauer Ereignisse die Gefahr, daß die Praxis der Ermittlungsbehörden im Nachhinein aufgehübscht wird.

Deshalb soll hier methodisch so vorgegangen werden, Dokumente auszuwerteten, die deutlich älter als November 2011 sind. Zugang dazu ist Wikipedia, da hier die älteren Versionen abrufbar sind und in vorliegenden Fall auch auf einige wichtige Texte aus den Anmerkungen zurückgegriffen werden kann. Diese Texte, sind, da älter, nicht dem Verdacht ausgesetzt, die Geschehnisse im Lichte der aktuellen Erkenntnisse zu interpretieren, sondern sind authentisch und zeigen in fataler Weise Schwerpunkte und Interpretationsmuster polizeilicher Ermittlungsarbeit. Presseartikel sind auch deshalb authentisch, weil sie nicht ohne die Pressestellen der Polizeibehörden recherchiert werden, andererseits aber auch öffentliche Wahrnehmung in die Polizei zurückspiegeln.

Folgende Texte werden herangezogen:

Text von Wikipedia (4), im Folgenden 'Wiki'
Fahndungsaufruf Bayern aus 8 / 2011 (1), im Folgenden 'FA Bayern'. Bemerkenswert ist, daß dieser Aufruf am Sonntag Abend, 13.11. noch im Netz zu finden, am Mittag des folgenden Tages aber bereits gelöscht worden war. Die Sätze aus der Überschrift stammen aus diesem Fahndungsaufruf
Fahndungsaufruf Mecklenburg von 12 / 2010, im Folgenden 'FA Meck' (5)
Polizeinachricht Hamburg von 7 / 2007. im Folgenden 'Pol HH' (6)
Artikel 'Die Welt' 7 / 2007, im Folgenden 'Welt' (7)
Artikel 'Der Spiegel' aus 12 / 2009, im Folgenden 'Spiegel' (8)
Artikel 'Hamburger Abendblatt' b5 / 2006, im Folgenden'HH-Abend' (9)
Artikel aus'Frankfurter allgemeine Zeitung'  / 2006, im Folgenden 'FAZ'(10)

Die Vermutung eines möglichen rechtsradikalen Hintergrundes spielte durchaus eine Rolle. So schreibt 'Wiki' in der Version 24.10.2011: "Während zunächst vermutet wurde, dass die Morde von möglicherweise auch verschiedenen Auftragsmördern begangen worden seien – die Boulevardpresse sprach in diesem Zusammenhang von einer „Halbmond-Mafia“ – , wurde bald auch eine rassistische Motivation eines einzelnen Täters nicht mehr ausgeschlossen. Danach ging das Täterprofiling von einem 25- bis 45-jährigen Deutschen als Täter aus." Auch "FA Bayern" spricht davon, aber nur beiläufig, "FAZ", die 2006 immerhin den laufengelassenen Verfassungsschutzagenten thematisierte: "Die Sonderkommission Bosporus hat einen Motivkatalog mit dreizehn möglichen Motiven erstellt, von Rauschgift- über Waffenhandel bis hin zu Rechtsradikalismus."

Das war es dann schon. Insgesamt ca 8 dürre Zeilen in ca 13 Druckseiten ausgewerteter Dokumente.

Welchen Schwerpunkt hatten also die Polizeiverlautbarungen und die auf Ihnen beruhende Presseberichterstattung? Mit "Organisationstheorie" liefert "FA Bayern" den Schlüsselbegriff. Drogenhandel, Waffenhandel, Spieler- und Zockerscene, Wettmaffia, illegale Beschäftigung, Familienfehden, das sind die Schwerpunkte, die in allen angeführten Presseartikel unisono breitesten Raum einnehmen. Hier wird das Milieu beschrieben, dem man türkische Kleinhändler zuordnet. Und in den Polizeidokumenten wird man schnell in den Fragestellungen die selbe Denkrichtung erkennen können.

Ein erschreckendes Schlüsseldokument dazu ist 'Spiegel':

"Der Mann am Telefon war sich ganz sicher: "Die haben seinen Bruder getötet." Der habe Probleme gehabt und sei deshalb erschossen worden. Der Anrufer nannte sowohl den Namen des Täters, als auch den des Opfers. Nun aber habe auch der Bruder ein Problem - 60.000 Euro Schulden bei den Leuten, die den Mord in Auftrag gegeben haben sollen.

Dieses Telefonat fingen Kriminalbeamte am 7. Oktober ab. Sie ermittelten eigentlich im Auftrag der Staatsanwaltschaft Bochum gegen eine Gruppe Männer, die verdächtigt werden, im großen Stil Fußballspiele verschoben und Wetten manipuliert zu haben. Der Fall an sich ist schon spektakulär, der Anruf aber hat den Ermittlungen eine völlig neue Dimension gegeben.

Vertrauliche Hinweise, die das Bundeskriminalamt (BKA) erhalten hat, bringen das am Telefon unvorsichtigerweise erwähnte Tötungsdelikt in der Türkei in Verbindung mit einer der mysteriösesten Mordserien, die es in Deutschland je gegeben hat, den sogenannten Döner-Morden.

Fahnder der BKA-Ermittlungsgruppe "Ceska" gehen nun dem Verdacht nach, die Ermordung von neun Männern quer durch die Bundesrepublik könnte im Zusammenhang stehen mit Wettbetrügereien und verschobenen Fußballspielen, gegen die derzeit die Staatsanwaltschaft Bochum ermittelt."

und:

"...die einzige Gemeinsamkeit der Opfer war ihre knappe Kasse. Abdurrahim Ö., 48, Opfer Nummer zwei aus der Nürnberger Innenstadt, arbeitet bei Siemens am Band. Seine Frau hatte ihn verlassen, Nachbarn berichten von einer teuren Scheidung. Abends reparierte Ö. Reißverschlüsse und Hosenaufschläge in seinem kleinen Schneideratelier. Dort wurde er im Juni 2001 auch erschossen, doch zuvor wollen Nachbarn einen Streit gehört haben. Zwei Männer mit osteuropäischem Akzent hätten eine Zahl gebrüllt. Und die Nachbarn dachten, da wolle jemand sein Auto verkaufen und man streite sich um den Preis. Wahrscheinlicher ist, dass es um die Höhe der Schulden ging.

Auch dem freundlichen Dönerbudenbesitzer Ismail Y. aus Nürnberg soll es nicht leicht gefallen sein, seine monatlichen Kosten zu decken. Ihn traf die tödliche Kugel im Juni 2005.

Der Grieche Theodorous B. verkehrte fast täglich im Zockermilieu. In einer kleinen türkischen Kneipe in der Nähe des Münchner Bahnhofsviertels, wo an fast jedem Tisch Backgammon gespielt wird, war er Stammgast. Um seinen neu eröffneten Laden, einen Schlüsseldienst, mit Billigregalen einzurichten, so erzählen seine Freunde dort, habe er jeden Cent zusammenkratzen müssen.

Kurz nach der Eröffnung wurde B. - nur sechs Tage nach Ismail Y. - hingerichtet. Ebenso wie der 21-jährige Halit Y., der in Kassel ein Internetcafé betrieb und sich dafür von seinem Vater Geld geliehen hatte. Er starb als bisher letztes Opfer in Deutschland im April 2006 durch eine Kugel aus der Ceska."

Zwar wurde diese Räuberpistole schnell dementiert. Aber diese Denkmuster durchziehen auch weitere geprüfte Artikel.

"HH-Abend": "Es bleiben Vermutungen, Arbeitsansätze, wie es die Soko "Bosporus" nennt. Wahrscheinlich handelt es sich um zwei Täter. Sie sind Profis, werden möglicherweise extra aus der Türkei eingeflogen für ihre Tat. Nie wurde auch nur ein Cent geraubt. Die Opfer sind nicht zufällig gestorben, wenn es auch möglicherweise tödliche Verwechslungen gab. Sie waren vielleicht letzte Glieder einer Kette, Geldwäscher eines Drogenrings womöglich, die einen Fehler gemacht hatten, der sie das Leben kostete. Und welche Rolle spielt eine geheimnisvolle Im- und Exportfirma in Istanbul?"

"FAZ": "Gezielter Mord ist möglich, aber auch willkürlicher. So wie vielleicht bei Yunus Turgut. Der am 3. Januar 1979 geborene Türke hielt sich illegal in Deutschland auf und war am 25. Februar erst wenige Tage in Rostock, als er in seinem Dönerstand im Rostocker Stadtteil Toitenwinkel erschossen wurde."

"Welt": "Ein wichtiger Ansatzpunkt für erfolgreiche Ermittlungen sind Hinweise auf Verbindungen zwischen den Opfern“, so ein Beamter. „Wir sind sicher, dass es nach wie vor Verwandte, Freunde, Nachbarn, Kollegen oder andere Personen gibt, die uns wichtige Informationen geben können, deren Bedeutung sie selbst möglicherweise gar nicht kennen."

Auf die Idee, daß es nur eine einzige, auf der Hand liegende Verbindung gab, die türkische und griechische Staatsangehörigkeit und der "südländische Habitus" (FA Bayern), ist niemand gekommen. Weil man offensichtlich von der "Organisationstheorie" geprägt war.

"Pol HH" dokumentiert ausdrücklich die Zusammenarbeit mit türkischen Polizeidienststellen. Auch dieser Text läßt eine Zentriertheit auf das "Milieu" erkennen. Bis in die Türkei hinein wurde versucht, Milieuverbindungen aufzudecken:

"Zur Aufklärung der Morde, Linderung der Schmerzen der zurückgebliebenen Angehörigen der Opfer und der Festnahme des/der Täters/Täter wurde innerhalb der türkischen Polizeiorganisation ein Polizeiteam beauftragt. Seit fast vier Jahren kooperiert dieses Team mit der deutschen Polizeibehörde und hat bis jetzt in der Türkei und in Deutschland eine Reihe von Maßnahmen durchgeführt. Eine dieser Maßnahmen war die Kontaktaufnahme mit den Opferfamilien. Dazu wurde die Heimat der jeweiligen Opfer aufgesucht und dort mit den Familienangehörigen und Verwandten Gespräche geführt. Dabei handelt es sich um die Provinzen Isparta, Ayfon, Sanliurfa, Elazig, Bursa, Kahramanmaras und Yozgat."

und

"Ein wichtiger Ansatzpunkt zur Aufklärung der Taten sind Hinweise auf Verbindungen zwischen den Opfern. So konnte inzwischen ermittelt werden, dass sich der am 25.02.2004 in Rostock getötete Yunus Turgut seit 1994 bis zu seiner Ermordung zeitweilig in Hamburg und Umgebung aufgehalten hat. Teilweise war er auch unter dem Namen "Mehmet" Turgut bekannt. Bekannte Aufenthaltsorte von Yunus Turgut waren die kurdische Moschee Am Steindamm in Hamburg und das Alte Land (Obsternte)."

Leider liegen zur Zeit keine Videos, beispielsweise aus "Aktenzeichen XY", zur Auswertung vor. Es wird jedem Leser dieses Artikels empfohlen, die angegebenen Dokumente selbst gründlich zu lesen, um zu erkennen, um welche Schwerpunkte sich das Denken der Ermittler und der Presseleute drehte.

Wie blind kann man eigentlich auf dem rechten Auge sein?

Offensichtlich hat sich eine Sichtweise auf migrantische Menschen in unserem Land derart verfestigt, daß die Schlußfolgerung, nur die Herkunft der ermordeten Menschen der einzige Zusammenhang ist, nicht gezogen wurde.

Sarrazin ist in der Mitte der Gesellschaft schon lange angekommen!

(1) www.polizei.bayern.de/fahndung/personen/straftaeter/unbekannt/index.html/2932
(2) de.wikipedia.org/wiki/Zwickauer_Trio
(3) "Die Strafverfolgungsbehörden hatten die Suche nach den drei Neonazis, die 1998 untergetaucht waren, 2003 wegen des Ablaufs der Verjährungsfrist eingestellt" - www.jungewelt.de/2011/11-10/061.php
(4) de.wikipedia.org/wiki/D%C3%B6ner-Mordserie
(5) www.polizei.mvnet.de/cms2/Polizei_prod/Polizei/de/start/_Informationen/Fahndungen/Ungeklaerte_Faelle/index.jsp
(6) www.hamburg-hansestadt.de/siteprint.php
(7) www.welt.de/regionales/hamburg/article1036633/Polizei_bittet_Tuerken_in_Deutschland_um_Hilfe.html
(8) www.spiegel.de/panorama/justiz/0,1518,666670,00.html
(9) www.abendblatt.de/politik/deutschland/article399530/Auf-der-Jagd-nach-einem-moerderischen-Phantom.html
(10) www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/kriminalitaet-verfassungsschuetzer-in-doener-morde-verwickelt-1357442.html







VON: KARL - LUDWIG OSTERMANN

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