Samstag, 30. Juli 2011

Christ und #Arbeitswelt - #Krieg #in #der #Arbeitswelt? »Einer trage des anderen Last ...«

 


Kirche und Arbeitswelt

Krieg in der Arbeitswelt?

 

[Gottes Wort im Kirchenjahr 2005; Lesejahr A; Heft 1]


 

»Wenn ich die Leute bei einer Routine-Untersuchung nach ihrer Befindlichkeit frage, kommen manchen schon die Tränen«, berichtet eine Werksärztin. Was ist los in der Arbeitswelt, woher kommt diese unendliche Angst?

 

Warum machen sich die Leute oft noch gegenseitig fertig? Kann man denn nicht mehr in Frieden leben und arbeiten?

 

  »Nein«, sagt ein Betriebsrat, »denn bei uns herrscht offener Krieg.« Hört man mal ein wenig hinein ins betriebliche Kauderwelsch, dann verrät schon die Sprache, dass es wie um Leben und Tod geht.

 

Lautstark ist da von Abwehr- oder Übernahmeschlachten die Rede, von Preis- und Handelskriegen. Da werden  Wettbewerber ausgeschaltet und neue Märkte erobert. »Wenn bei einem Konkurrenten der Sargdeckel zuklappt, knallen bei uns die Sektkorken« - ein makabrer Spruch aus einer Stabs-Abteilung.

 

Kein Unternehmen, das momentan nicht neue Strategien entwickelt oder strategische Allianzen schmiedet, will man eine feindliche Übernahme vermeiden.

 

Moderne »Freelancer« - hochspezialisierte IT-Fachleute - ziehen wie einst die Landsknechte übers Land. Alle Beschäftigten haben sich wie stramme Soldaten im Feld zu bewähren. »Wir haben uns neu aufgestellt«, sagen die Manager, »wir sind gut gerüstet«.

 

  Schon diese martialische Sprache verrät: Die Weltwirtschaft ist zum weltweiten Kriegsschauplatz geworden, die Betriebe zu Schlachtfeldern. Über vier Millionen Menschen sind als Arbeitslose schon »außer Gefecht«. Die andern  müde und abgekämpft. Oft schon in jungen Jahren mit nur noch einer Sehnsucht im Herzen, nämlich zu günstigen Konditionen ausgemustert zu werden.

 

  Kann man denn in diesem Kampfgetümmel überleben? Bleibt nichts anderes, als in Deckung zu gehen, sich wegzuducken oder gar selbst mit harten Bandagen um sich zu schlagen? Nein, so wird man seine Haut nicht retten. Wer mobbt, gerät in eine tödliche Spirale und wird bald selbst gemobbt.

 

»Einer trage des anderen Last ...«

 

Paulus gibt seiner Gemeinde bewährte Verhaltensregeln an die Hand (Lesung). Sie atmen den Geist Jesu Christi und sind durchaus auf alle Lebensbereiche übertragbar. »Zurechtweisung« - in betrieblichen Abläufen unverzichtbar - soll im »Geist der Sanftmut« erfolgen.

 

 Damit ist nicht »soft« gemeint, das nimmt ja keiner ernst und gilt eher als Zeichen der Schwäche, als vielmehr Fairness und Korrektheit. Die erlauben deutliche Worte auf dem Hintergrund eigener Fehlerhaftigkeit: »Jeder prüfe sein eigenes Tun«.

 

Vom hohen Ross der Selbstgefälligkeit herab nimmt niemand eine Zurechtweisung an, denn wir alle, ob Kollegen oder Vorgesetzte, sind fehlbar und haben unsere eigene Bürde zu tragen. Wer um seine eigene Schwachheit weiß, wird auch andere »ertragen«. »Richten« steht uns nicht zu (Evangelium).  Wer richtet, wird selbst gerichtet.

 

Höchste Zeit für »Friedensverhandlungen«

 

Ethisches Verhalten lässt - hoffentlich - in einer solch unheilen, konfliktreichen Arbeitswelt überleben. Aber es vermag »sündige Strukturen« nicht zu zerschlagen. Im Zeitalter der Globalisierung sind »Friedensverhandlungen« angezeigt. Solange ausschließlich »Markt und Wettbewerb« weltweit das wirtschaftliche Handeln bestimmen, ist kein Ende des Krieges in Sicht.

 

Diese (zweifellos bewährten) Regulative dürfen niemals »die einzigen« sein, so betonte schon im Jahre 1931 Pius XI. in seinem Rundschreiben »Quadragesimo anno«. Sie sind vielmehr einzubetten in die politische Verantwortung um soziale Gerechtigkeit, sonst wirtschaftet sich die Welt zu Tode.

 

Dass Produktionen und damit Arbeit nur unter den Vorzeichen der Rendite, der Kapitalverwertung rund um den Erdball verschoben werden, bereichert zwar die Aktionäre, entfaltet aber gleichzeitig einen höllischen Druck gegen den »Faktor Arbeit«. Sind denn »chinesische Stundenlöhne« und Kinderarbeit in Deutschland erstrebenswert? Wo verläuft die Grenze? Eine Wirtschaftssteuerung über die Börse ist nicht zukunftsfähig.

 

 Die weitere Liberalisierung des Welthandels muss daher begleitet werden von der vertraglich fixierten Angleichung der Wettbewerbsbedingungen. Weltweit müssen für die Arbeit Mindeststandards gelten wie das Verbot der Kinderarbeit, der »gerechte Lohn«, das Recht auf gewerkschaftlichen Zusammenschluss, Streik und Tarifverträge, die Gleichstellung der Frau, Mitbestimmung und Mitbeteiligung.

 

 Über internationale Vereinbarungen muss ein »Friedensvertrag« zustande kommen. Er hat dafür zu garantieren, dass alle Menschen in allen Nationen an Arbeit und Einkommen beteiligt werden.

Paul Schobel



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