Donnerstag, 23. Juni 2011

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Bis ins Grab

Tschechien: Ungeborene sollen noch mit 73 arbeiten. Beschluß zur Zwei-Klassen-Medizin. Größter Streik seit 1989

Für Necas heißt Reform Rückwärts
Für Necas heißt Reform Rückwärts
Foto: AP
Inexistente Menschen können sich nicht wehren. An diesem Motto
scheint sich Tschechiens Rechtsregierung um Ministerpräsident
Petr Necas bei der Durchsetzung eines ganzen Bündels
unsozialer Kürzungs- und Sparmaßnahmen orientiert zu
haben, die am vergangenen Dienstag vom Parlament in Prag
verabschiedet wurden. Einzelne, wie die Erhöhung des
Renteneintrittsalters für Ungeborene, muten schlicht absurd
an. Die aus der konservativen Demokratischen Bürgerpartei
(ODS), der rechtsliberalen TOP 09 und der populistischen Partei
Öffentliche Angelegenheiten (VV) bestehende
Regierungskoalition beschloß im Rahmen ihrer sogenannten
Rentenreform, daß alle ab 2012 geborenen Bürger
Tschechiens bis zum 73. Lebensjahr Lohnarbeit verrichten
müssen.
Für die bereits registrierten Einwohner Tschechiens fällt
die Erhöhung des Renteneinstiegsalters nicht ganz so
dramatisch aus. Bis zum Jahr 2041 soll demnach das Eintrittsalter
in Tschechien auf 67 Jahre steigen. Zudem beeilte sich die
Regierung Necas, eine Erhöhung der Renten für
Besserverdiener umzusetzen, die vom tschechischen
Verfassungsgericht angemahnt wurde. Das Abgeordnetenhaus
mußte bei dieser eigentlich bereits beschlossenen
Rentenreform ein zweites Mal abstimmen, um ein Veto des von den
tschechischen Sozialdemokraten (CSSD) dominierten Senats zu
kippen.



Die CSSD kündigte bereits an, bei einem künftigen
Wahlsieg diese Reform zu annullieren. Der wäre laut neuesten
Umfragen von Anfang Juni den Sozialdemokraten gewiß, die
zusammen mit der Kommunistischen Partei Böhmens und
Mährens (KSCM) auf eine satte Mehrheit hoffen können.
Für die größte gegenwärtige Regierungspartei
ODS würden sich demnach nur noch 15 Prozent der Wähler
entscheiden.
Ein Veto des Senats ist auch bei der ebenfalls am Dienstag
verabschiedeten »Gesundheitsreform« zu erwarten, die
ganz offen eine Zwei-Klassen-Medizin einführt. Die neuen
Regelungen setzen das bisher geltende Verbot von zusätzlichen
individuellen Zuzahlungen von Krankenversicherten außer
Kraft. Nun können wohlhabende Patienten zwischen einer
medizinischen Basisversorgung und einer Extraversorgung
wählen, die zusätzliche finanzielle Aufwendungen
über den Krankenversicherungsbetrag hinaus erfordert. Kritiker
aus den Reihen der Opposition monierten, dass die meisten Patienten
auf die mangelhafte Basisversorgung angewiesen sein würden,
während Betuchte die besten Behandlungsmethoden und
Medikamente erhielten. Überdies erhöhte diese
Gesetzesänderung die Krankenhausgebühren für alle
Patienten von 60 Kronen auf 100 Kronen (circa vier Euro) pro
Tag.
Die tschechische Gewerkschaftsbewegung reagierte auf diese Angriffe
mit der größten Streikmobilisierung seit dem
Zusammenbruch des Staatssozialismus 1989. Im Verlauf des Ausstands
wurden weite Teile des öffentlichen Verkehrs für 24
Stunden lahmgelegt. Der erfolgreiche Streik der Eisenbahner
paralysierte nahezu den gesamten Personen- und Güterverkehr in
Tschechien. In Prag stellte zum ersten Mal in ihrer Geschichte die
Metro, die täglich 1,6 Millionen Menschen befördert,
ihren Betrieb deshalb ein. Am vergangenen Mittwoch haben die
Spitzen der Böhmisch-Mährischen
Gewerkschaftskonföderation (CMKOS) das weitere Vorgehen
beraten und erneute Demonstrationen und Streiks »für den
Sommer« angekündigt.
Premier Petr Necas gab sich angesichts dieser
Mobilisierungsfähigkeit unbeeindruckt und kündigte an,
»unter keinen Umständen« von seinem Reformkurs
abzuweichen. Und Necas hat noch viel vor: Der ermäßigte
Mehrwertsteuersatz u. a. für Lebensmittel soll von zehn
Prozent auf 14 Prozent steigen, um ab 2013 nochmals auf 17,5
Prozent erhöht zu werden. Der normale Satz soll zu diesem
Zeitpunkt dann von derzeit 20 auf 17,5 Prozent gesenkt werden. An
die Versicherungswirtschaft hat der Premier Necas auch gedacht:
Einem weiteren »Reformvorhaben« zufolge sollen
Mitglieder der Rentenversicherung unter 35 Jahren einen Teil ihrer
Beiträge in private Investmentfonds einzahlen.
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