Samstag, 21. Mai 2011

Machen Geld und Zeitdruck #bestechlich? #Studie zum #Einfluss #situativer #Umstände #auf #korruptes #Handeln


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Bayreuth, Christian Wißler, 20.05.2011 20:21

Machen Geld und Zeitdruck bestechlich? Studie zum Einfluss situativer
Umstände auf korruptes Handeln

Weshalb lassen sich Mitarbeiter von Unternehmen oder staatlichen Behörden
zur Korruption verleiten? Kommen Fälle von Bestechlichkeit umso häufiger
vor, je höher die angebotenen Bestechungsgelder sind? Oder ist korruptes
Handeln an der Tagesordnung, weil Mitarbeiter in sehr kurzer Zeit Erfolge
erzielen müssen? Dr. Tanja Rabl, Wirtschaftswissenschaftlerin an der
Universität Bayreuth, kommt in ihren Forschungsarbeiten zum gegenteiligen
Ergebnis. Situationsbedingte Faktoren wie Zeitdruck oder die Höhe der
Bestechungsleistung zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die
Häufigkeit korrupten Handelns. Darüber berichtet sie in einem neuen
Beitrag für die Zeitschrift "Journal of Business Ethics".

Realitätsnahe Simulationen im Planspiel

Auf der Grundlage eines Modells korrupten Handelns, das die in der
Forschung diskutierten Erklärungsansätze weiterentwickelt, hat Rabl eine
empirische Untersuchung mithilfe eines Planspiels durchgeführt. Dieses
Planspiel simuliert realitätsnah die alltägliche Geschäftspraxis in
Unternehmen, lässt sich aber ebenso auf öffentliche Verwaltungen oder Non-
profit-Organisationen anwenden.

Rund 200 junge Teilnehmerinnen und Teilnehmer, vorwiegend Studierende aus
Fächern mit einem wirtschaftswissenschaftlichen Bezug, nahmen an dem
Planspiel teil. Dabei sahen sie sich unter verschiedenen Bedingungen mit
der Versuchung konfrontiert, andere Unternehmensmitarbeiter zu bestechen
oder aber sich selbst bestechen zu lassen – sei es mit Geld oder anderen
Vergünstigungen. In einigen anderen Studien hatte sich gezeigt, dass diese
Probandengruppe oftmals ähnlich entscheidet und agiert wie tatsächliche
Entscheidungsträger in Unternehmen.

Situationsbedingte Faktoren: Bestechungsgelder – Zeitdruck – Leitbilder

Das zynische Vorurteil, es hänge allein von der Höhe des Preises ab, ob
ein Mensch käuflich sei oder nicht, ließ sich nicht bestätigen. Zwar führt
ein höheres Bestechungsangebot dazu, dass korruptes Handeln positiv
bewertet wird. Es kann den Unternehmensmitarbeiter, der zur Korruption
verleitet werden soll, in der Annahme bestärken, das berufliche und
familiäre Umfeld würde in diesem Fall korruptes Handeln tolerieren. Doch
auch wenn die Versuchung zur Korruption auf diese Weise steigt, bedeutet
dies noch nicht, dass ein Impuls zum korrupten Handeln auch tatsächlich
ausgelöst wird.

Dies gilt ähnlich für das Handeln unter hohem Zeitdruck. Wer im
Unternehmen nur wenig Zeit hat, um wichtige erfolgskritische
Entscheidungen zu treffen, ist möglicherweise geneigt, auf korruptes
Handeln auszuweichen. Dabei gewinnen Normen und Einstellungen von
Bezugspersonen stärkeren Einfluss auf das eigene Denken. Wenn diese
Bezugspersonen korruptes Handeln billigen, wächst die Versuchung, andere
zu bestechen oder sich selbst bestechen zu lassen. Gleichwohl wird nicht
allein aus Zeitdruck heraus die Schwelle zur Korruption überschritten.

Unternehmensleitbilder, die nicht sehr konkret auf die Abwehr von
Korruption ausgerichtet sind, können – dies ist ein weiteres Ergebnis der
Studie – ebenfalls dazu beitragen, dass korrupte Handlungsweisen reizvoll
erscheinen. Denn solange eine Organisation sich darauf beschränkt, von
ihren Mitarbeitern nur ganz allgemein Integrität einzufordern, ist die
abschreckende Wirkung schwach. Erst wenn das Leitbild mit Nachdruck darauf
hinweist, dass Bestechung keineswegs toleriert wird, steigt bei den
Mitarbeitern das Risikobewusstsein; Sanktionen werden als umso
wahrscheinlicher eingeschätzt. Das erwartete Risiko kann dann abschreckend
wirken. Doch auch das Unternehmensleitbild beeinflusst, für sich genommen,
die Häufigkeit korrupten Handelns nicht signifikant.

Konsequenzen für eine wirksame Korruptionsbekämpfung

"Das Auftreten von Korruption in Unternehmen hängt somit nicht allein von
den situativen Umständen ab," erläutert Rabl. "Eine wichtige Rolle kommt
vor allem personbezogenen Faktoren zu. Ob jemand in Situationen, in denen
eine hohe Versuchung zu Korruption besteht, tatsächlich korrupt handelt,
wird im Wesentlichen bestimmt von drei Faktoren: Wie ist die Einstellung
der Person zu Korruption? Wie schätzt die Person die in ihrem Umfeld
verbreitete Einstellung zu Korruption ein? Und wie bewertet sie das
Risiko, korruptes Handeln erfolgreich auszuführen?"

Unternehmen können daher Korruption in den eigenen Reihen am wirksamsten
bekämpfen, indem sie genau an diesen Faktoren ansetzen. "Eine
Unternehmenskultur, die Korruption strikt ablehnt und erfolgreich auf die
Einstellungen der Mitarbeiter einwirkt, erweist sich durchaus als robust,
wenn Umstände eintreten, in denen die Versuchung zu korruptem Handeln
steigt," erklärt Rabl. Die Bayreuther Wirtschaftswissenschaftlerin ist
Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Personalwesen und Führungslehre und hat
sich bereits in ihrer Dissertation mit Ursachen und Wirkungen von
Korruption in Unternehmen auseinandergesetzt. 2009 ist sie dafür mit dem
Fürther Ludwig-Erhard-Preis ausgezeichnet worden.

Veröffentlichung:

Tanja Rabl, The Impact of Situational Influences on Corruption in
Organizations,
in: Journal of Business Ethics, Volume 100, Number 1, pp. 85-101.

DOI-Bookmark: 10.1007/s10551-011-0768-2

Kontakt für weitere Informationen:

Dr. Tanja Rabl
Universität Bayreuth
95440 Bayreuth
Tel.: +49 (0) 921 55 2953
E-Mail: tanja.rabl@uni-bayreuth.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Wissenschaftliche Publikationen

Sachgebiete:
Psychologie
Wirtschaft

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
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Dr. Tanja Rabl, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Universität Bayreuth.

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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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