Donnerstag, 24. März 2011

#Qualitätserwartungen und #ethischer #Anspruch bei der #Lektüre von #Blogs und von #Tageszeitungen [Publizistik: 2008]


 
 
Aufsatz

Qualitätserwartungen und ethischer Anspruch

bei der Lektüre von Blogs

und von Tageszeitungen

(Publizistik: 2008)

Sabine Trepte1 , Leonard Reinecke1  und K.-M. Behr1 (1)  Hamburg Media School/Universität Hamburg, Finkenau 35, 22081 Hamburg, Deutschland


 Sabine Trepte (Corresponding author)
Email: s.trepte@hamburgmediaschool.com


 Leonard Reinecke
Email: l.reinecke@hamburgmediaschool.com

Zusammenfassung  Mediennutzerinnen und Mediennutzer lesen neben klassischen journalistischen Erzeugnissen zunehmend von Usern publizierte Texte im Internet wie zum Beispiel in Weblogs. Wie orientieren sich Rezipienten in diesem Angebot, wie beurteilen sie die Qualität und welche medienethischen Standards legen sie bei der Lektüre von Weblogs im Gegensatz zu Zeitungsartikeln an? Diesen Fragen widmen sich zwei empirische Studien.

 

In einer Befragung beurteilten 702 Internetnutzerinnen und -nutzer ihre Erwartungen an die journalistische Qualität und an die Einhaltung medienethischer Standards bei Blogs im Gegensatz zu Tageszeitungen zunächst rein theoretisch. In einem darauf aufbauenden Experiment (2 × 2-Design) bewerteten 120 Probandinnen und Probanden einen journalistischen Text mit variierenden Quelleninformationen (Blog/Tageszeitung) und von unterschiedlicher ethischer Brisanz (ethisch fragwürdig/neutral) nach der Lektüre im Hinblick auf dessen Qualität und ethische Standards.

Die Ergebnisse zeigen, dass bei Tageszeitungen zwar eher journalistische Qualität erwartet wird als bei Blogs, bei der Lektüre werden die Texte jedoch anhand der gelesenen Inhalte und nicht anhand der Quelleninformation bewertet. Ethisch fragwürdige Texte, die in einer Tageszeitung erscheinen, werden ebenso abgelehnt wie ethisch fragwürdige Blogbeiträge.

 

Schlüsselwörter  Web 2.0 - Qualität - Ethik - Medienethik - Blog - Tageszeitung - Experiment

Expectations of quality and ethical demands in reading newspaper articles and weblog postings
Abstract  Besides classical journalistic products, media users increasingly tend to read texts on the internet published by other users, as in weblogs. How do users navigate among these offers, how do they evaluate the quality, and which standards in terms of media ethics do they apply when reading weblogs compared to newspaper articles? Two empirical studies address these questions.

 

In a survey, 702 internet users rated their theoretical expectations in terms of journalistic quality and compliance with ethical standards, comparing weblogs and daily newspapers. In a consecutive 2 × 2 experimental design, 120 participants read a journalistic text with varying source information (weblog/daily newspaper) and varying degree of adherence to ethical standards (ethically questionable/neutral). Participants then rated the quality of the text and its ethical standards. Results indicate that daily newspapers more than blogs are expected to deliver journalistic quality. But when read, texts are evaluated according to their content rather than their source. Ethically questionable texts in newspapers are disapproved as much as ethically questionable blog postings.

 

Keywords  Web 2.0 - Quality - Ethics - Blog - Daily paper - Experiment

 

Dieses Projekt wurde gefödert durch die Stiftung "Wertevolle Zukunft - Stiftung für ethisches Handeln"
Prof. Dr. Sabine Trepte    ist Juniorprofessorin an der Hamburg Media School
Dipl.-Psych. Leonard Reinecke   arbeitet dort als wissenschaftlicher Mitarbeiter
Dipl.- Medienwiss. Katharina-Maria Behr   als wissenschaftliche Mitarbeiterin


1. Einleitung

 

Zur Unterhaltung, in Zeiten politischer Krisen und wenn es um ein Thema mit "Nischen"-Charakter geht, lesen Mediennutzerinnen und Mediennutzer neben klassischen journalistischen Erzeugnissen zunehmend von Usern publizierte Texte im Internet, wie zum Beispiel in Weblogs (vgl. Gscheidle/Fisch 2007). Die Kommunikation im Web 2.0 unterliegt gesetzlichen Regelungen wie beispielsweise den allgemeinen Persönlichkeitsrechten, dem Jugendschutz, dem Schutz geistigen Eigentums oder dem Konsumentenschutz (vgl. Fechner 2007; Roggenkamp 2008). Neben juristischen Normen gab es immer wieder Versuche eine "Netiquette", einen Code of Conduct oder einen Blogger-Kodex für die Kommunikation und ethische Umgangsweisen im Internet zu etablieren (vgl. Armborst 2006; Beck 2008; Döring 2001; Huber 2008). Blogger formulierten in diesen Regelwerken beispielsweise Vorgaben zur Kennzeichnung von Quellen oder zum Umgang mit personenbezogenen Daten (vgl. Beck 2008).

 

Weil die Angebote und ihre Nutzungsformen ein einheitliches Regelwerk geradezu unmöglich machen und weil die Netiquette aus Sicht vieler User der demokratischen Architektur des Internets widerspricht, gibt es bis heute aber keinen übergreifenden, etablierten Standard (vgl. Beck 2008) zum "korrekten" Verhalten im Netz. Die Frage ist also, wie die User die Umgangsformen außerhalb der gesetzlichen Vorgaben ausgestalten und welche Qualitätsmaßstäbe sie anlegen. Gilt im Netz, dass gut ist, was gefällt?

 

Die Unübersichtlichkeit (und Unbekanntheit) der gesetzlichen Vorgaben sowie der Mangel qualitativer Vorgaben oder ethischer Kodizes erfordern eine ausgeprägte Medienkompetenz der User. Sie sind auf ihre eigene Urteilsfähigkeit angewiesen. Diese ist insbesondere dann gefragt, wenn die Internetpublikationen nicht dem professionellen Online-Journalismus zugeordnet werden können, diesen aber in Stil und Machart zitieren. Das gilt beispielsweise für journalistische Blogs, die von Laien oder auch Journalisten verfasst werden (vgl. Beck 2008). Mehr als ein Drittel der Blogger hat journalistische Erfahrungen (vgl. Armborst 2006; Neuberger 2005); journalistische Blogger besprechen ähnliche Themen wie in einer Tageszeitung.

 

Wie orientieren sich Rezipienten in Weblogs, wie beurteilen sie die Qualität der Inhalte, wie die Kompetenz der Autoren, und welche medienethischen Standards legen sie bei der Lektüre von Weblogs im Gegensatz zu Zeitungsartikeln an? Diese Fragen werden im vorliegenden Beitrag mit zwei empirischen Studien untersucht. Im Vordergrund stehen die Sicht der Rezipienten, ihre Erwartungen an Qualität und ihr ethischer Anspruch.

 

Die folgenden Abschnitte umreißen den Forschungsstand zur Rezeption und Produktion von Weblogs sowie ihre Komplementärfunktion für den klassischen Journalismus. Die Bedeutung journalistischer Qualität und Ethik in Blogs wird diskutiert. In einer Befragung geht es zunächst darum, welche Qualitätskriterien und medienethischen Standards Leser an Weblogs und Tageszeitungen anlegen. Im zweiten Schritt wird experimentell die Umsetzung der Standards bei der Lektüre von Weblogs und Tageszeitungen geprüft. Da formalisierte Kodizes oder eine Web 2.0-Etiquette aus verschiedenen Gründen wenig Erfolg versprechen, wird in der Diskussion die Stärkung der User-Souveränität als Alternative vorgeschlagen.


2. Weblogs als Medienangebote

2.1 Reichweite, Formen und Funktionen

 

Die Blog-Suchmaschine technorati.com zählte im März 2008 112 Millionen Weblogs weltweit (vgl. Sifry 2006). Von 39 Millionen deutschen Internetnutzern (vgl. TNS Infratest 2007) haben 76 Prozent bereits Informationen aus Weblogs abgerufen und 24 Prozent selbst Informationen ins Netz gestellt (vgl. Gscheidle/Fisch 2007). Laut einer repräsentativen Studie der European Interactive Advertising Association sind sechs Prozent der deutschen Internetnutzer mindestens einmal pro Monat in Weblogs aktiv (vgl. EIAA 2005). Vor allem die jüngeren Internutzerinnen und -nutzer im Alter von 14 bis 29 Jahren frequentieren Weblogs: Knapp 20 Prozent dieser Altersgruppe zählen zu den regelmäßigen Usern.

 

Welche Funktionen haben Weblogs für rezipierende und produzierende User, diese zunehmend verschmelzenden Gruppen, die Schmidt (2008) treffend als "Produser" bezeichnet? User des Web 2.0, die vor allem Inhalte veröffentlichen möchten, haben unterschiedliche Nutzungsmotive. Anhand von Fokusgruppen und Einzelinterviews haben Gerhards et al. (2008) acht Typen von Web 2.0-Usern identifiziert. Ein Teil der User nutzt Angebote des Web 2.0 eher passiv zur Information, Orientierung und Unterhaltung (Infosucher und Unterhaltungssucher). Andere sind aktiv als "Produzenten" von Content (Profilierte Nutzer). Sie stellen sich mit der Veröffentlichung von Inhalten selbst dar (Selbstdarsteller), möchten mit anderen kommunizieren (Kommunikatoren und Netzwerker), sich zu einem spezifischen Thema oder Hobby austauschen (spezifisch Interessierte) oder ihre "Werke" online stellen und sich damit journalistisch und künstlerisch profilieren (Produzenten).

 

Vor allem Privatpersonen führen Weblogs (vgl. Herring et al. 2005). Blogger veröffentlichen persönliche Details aus ihrem Leben oder Informationen zu Themen wie Politik, Gesellschaft, Wissenschaft, Freizeit, Technik, Kunst und Kultur (vgl. Kunz 2006; Lenhart/Fox 2006; Nardi et al. 2004a; Nardi et al. 2004b; Schmidt/Wilbers 2006).

 

Die meisten privaten Weblogs richten sich an Familie, Freunde und Bekannte der Blogger, nur ungefähr ein Drittel (34%) soll alle Internetnutzer bzw. ein Massenpublikum erreichen (vgl. Neuberger et al. 2007). Kunz (2006) unterscheidet aufgrund einer Inhaltsanalyse von 261 Weblogs vier Typen. Die größte Gruppe der untersuchten Weblogs waren private Netztagebücher (38%), gefolgt von Weblogs zu spezifischen Themen (36%) und Technikblogs (20%). Lediglich sechs Prozent der untersuchten Weblogs wurden aus beruflichem Anlass geführt.

 

Sowohl die verschiedenen Themen der Weblogs als auch die Funktionen der Blogosphäre für die User verdeutlichen, dass es sich um eine hoch-diversifizierte Mediengattung handelt (vgl. Beck 2008; Schmidt 2006).

 

Die Klassifikation, welche (politischen) Ziele und welchen Anspruch an Qualität die Blog-Autoren haben, müssen die User bei der Lektüre entscheiden. Leserinnen und Leser klassischer journalistischer Angebote können auf eine gelernte Ikonographie zur Beurteilung der Qualität zurückgreifen. Layout, Typografie, Papierqualität, sogar die Positionierung im Zeitschriftenregal zeigen ihnen, ob es sich um ein populäres Angebot oder ein Nischenprodukt handelt und ob die Inhalte sachlich oder launig dargestellt werden. In der Blogosphäre ist diese Ikonographie noch wenig ausgeprägt, und vereinzelte Formen des "Branding" sind nicht allen Usern bekannt. Die Beurteilung eines Weblogs erfolgt deshalb bei jeder Lektüre wieder neu.


2.2 Komplementärfunktion von Weblogs für den klassischen Journalismus

 

Wie lässt sich das Verhältnis von Bloggern und Journalismus beschreiben? Die meisten Blogger geben zwar selbstbezogene Motive wie Spaß oder Freude am Schreiben für das Führen eines Blogs an (vgl. Lenhart/Fox 2006; Schmidt/Wilbers 2006). Trotzdem gab in einer nicht-repräsentativen Studie in Deutschland ungefähr die Hälfte der ( N = 148) Blogger an, sie würden gern Diskussionen anregen (51%), ihre eigene Meinung verbreiten (47%), und sie würden ihre Meinung zu wichtigen Themen gern mit anderen teilen (47%) (vgl. Armborst 2006).

 

59 Prozent der befragten Blogger identifizierten sich mit der idealtypischen Beschreibung journalistischen Arbeitens: Sie sehen das Bloggen als Prozess des Sammelns, Auswählens und Bearbeitens von Informationen und möchten ergänzend die eigene Meinung und Interpretation publizieren (vgl. Armborst 2006).

 

In einer nicht-repräsentativen Untersuchung von Neuberger (2005) waren 64 Prozent der Befragten der Auffassung, Weblogs seien eine neue Art von Journalismus. In einer US-amerikanischen Studie verstanden hingegen nur 34 Prozent der Befragten ihre Weblogs als eine Form von Journalismus (vgl. Lenhart/Fox 2006). Die befragten Blogger nehmen für sich in Anspruch, vor allem meinungsfreudige, subjektive, unterhaltsame und aktuelle Beiträge zu veröffentlichen.

 

Im Gegenzug sehen sie journalistische Beiträge als neutraler und tiefergehend an. Die Relevanz und Richtigkeit von Informationen ist nach Ansicht der Blogger ebenfalls vor allem in journalistischen Angeboten gewährleistet (vgl. Beck 2008; Neuberger et al. 2007). Ähnliche Einschätzungen trafen die Redaktionsleiter von Nachrichtenredaktionen. Neuberger et al. (2007; im Überblick vgl. Beck 2008) konzedieren, dass Selbst- und Fremdbild von Journalisten und Bloggern sich in diesen Einschätzungen weitgehend decken.


3. Qualität und medienethische Standards im Journalismus und im Web 2.0

 

Die Bestimmung der Qualität von Medieninhalten kann nur normativ erfolgen, sie resultiert aus einem (publizistischen) Wertesystem (vgl. Dahinden et al. 2004; Quandt 2004). Dies können z. B. Werte der Profession oder ihrer unterschiedlichen Schulen, Werte der allgemeinen Ästhetik oder des Publikums sein (vgl. Schatz/Schulz 1992). Qualitätsansprüche haben letztlich immer einen normativen und subjektiven Charakter (vgl. Vlasic 2004). Aufgrund der Normativität und Subjektivität werden die verschiedenen Versuche, journalistische Qualität zu konzeptualisieren und zu definieren, als andauernde "Qualitätsdebatte" verstanden (vgl. Wyss 2002).

 

Die vorgelegten Definitionen und vor allem die Dimensionierungen von Qualität werden immer wieder neu hinterfragt. Einen allgemein gültigen Standard journalistischer Qualität gibt es bisher nicht. Qualität stellt weniger die Eigenschaft eines Produktes oder Medienangebotes dar, sondern vielmehr eine Eigenschaft der Beziehung zwischen Angebot und Beurteilendem (vgl. Neuberger 2004a). Hilfreich ist die Definition der International Organization for Standardization (ISO). Demnach ist Qualität "the totality of characteristics of an entity that bear on its ability to satisfy stated and implied needs" (ISO 1994).

 

Da es eine eindeutige Bestimmung des Qualitätsbegriffs nicht gibt, wird das Kon-strukt in der Regel in seine Bestandteile zerlegt. Zur Bestimmung der Programmqualität im Fernsehen haben Schatz und Schulz (1992) beispielsweise folgende Dimensionen vorgeschlagen: Inhaltliche und strukturelle Vielfalt, journalistische und gestalterische Professionalität, Rechtmäßigkeit, Relevanz und Akzeptanz des Publikums. Weitere Dimensionierungen stammen von Ruß-Mohl (1992) sowie von Rager (1994). Wyss (2002) befragte Redaktionsmitglieder, die folgenden Qualitätskriterien die höchste Relevanz zumaßen: Richtigkeit, Verständlichkeit, Aktualität, Relevanz, Vermittlung, Vielfalt und Objektivität. Mit den genannten Dimensionen journalistischer Qualität lässt sich das Spektrum derjenigen Merkmale definieren, an denen publizistische Qualität gemessen wird.

 

Diese Kriterien werden auch zur Operationalisierung von Qualität herangezogen (vgl. Wyss 2002). Messbar ist damit zum einen, welchen Qualitätsaspekten welche Relevanz beigemessen wird, und zum anderen, wie ein spezifisches Produkt bezüglich dieser Kriterien bewertet wird, d. h. auf welchen Dimensionen das Medienangebot als qualitativ hoch- oder minderwertig eingeschätzt wird (vgl. Neuberger 2003, 2004a).

 

Neben den hier genannten Qualitätskriterien stehen ethische Maßgaben. Die Professionsethik behandelt journalistische Standards, also Verhaltensregeln für den Berufsalltag von Journalistinnen und Journalisten (vgl. Weischenberg 2004). Diese journalistischen Berufsnormen stellen beispielsweise die Abgrenzung von Journalismus als einer Form öffentlicher Kommunikation von Werbung, Literatur und Public Relations sicher (vgl. Neuberger 2005).

 

Ein Versuch, ethische Maßstäbe im journalistischen Alltag zu dokumentieren und zu regulieren, wurde mit dem Pressekodex unternommen: "Die Publizistischen Grundsätze konkretisieren die Berufsethik der Presse" (Deutscher Presserat 2006b: Präambel, S. 3). Der Pressekodex ist keine juristische Maßgabe, sondern Journalisten unterwerfen sich ihm freiwillig.

 

Die im Pressekodex verankerten "publizistischen Grundsätze" sind eine aus redaktionellen und journalistischen Erfahrungen gewonnene Professionsethik (vgl. Bölke 2000). Die Grundsätze sind also nicht wissenschaftlich oder deduktiv erarbeitet und gelten deshalb vor allem als Gerüst für den ethischen Diskurs (vgl. Weischenberg 2001, 2004; Wunden 2003).

 

Derzeit werden Ethik und Qualität in der Regel als getrennte Ansprüche an Journalismus gesehen (vgl. Fabris/Renger 2003). Während die Qualitätsdebatte das Ziel hat, journalistische Arbeitsweisen zu definieren, soll journalistische Ethik im dauerhaften Diskurs diese Standards und ihre Normen hinterfragen. Bemühungen, die beiden Ansprüche oder Qualitätsdimensionen und Ethik-Kodizes zusammenzuführen, sind rar (vgl. Belsey/Chadwick, 1995; Fabris/Renger, 2003). Rager (2000) schlug Ethik als eine Dimension von Qualität vor. Er hob hervor, dass Ethik die Normativität der Qualitätsdebatte untergraben kann, weil sie jenseits der juristisch und politisch konsentierten Maßstäbe operieren würde. Mit einer ethischen Qualitätsdimension sei die individuelle Ausgestaltung der übrigen Qualitätsdimensionen möglich.

 

Insgesamt ist die Auffassung, Ethik als Qualitätsdimension zu verstehen, jedoch nicht als gängige Nomenklatur zu finden. Dementsprechend fehlen Operationalisierungen der Ethik als Dimension der Qualität. An dieser Stelle birgt der Pressekodex für die wissenschaftliche Operationalisierung der Professionsethik eine Chance. Denn trotz aller Kritik bleibt der Pressekodex ein im Journalismus gewachsenes Regelwerk, das laufend adjustiert wird und gleichzeitig den Forscher bei der Operationalisierung medienethischer Standards davon entbindet, aus den wissenschaftlich erarbeiteten ethischen Standards normativ und "autoritativ" auszuwählen. Vorschläge zur Operationalisierung ethischer Standards sind rar (vgl. Debatin/Funiok 2003; Leschke 2003), werden jedoch dringend gebraucht.

 

Im Internet ist die Frage nach Qualität zuerst im Kontext der Diskussion einer "Netiquette" aufgetreten. Im Verlauf der letzten Jahre wurden darüber hinaus Vorstellungen zur Qualität journalistischer Angebote im Internet formuliert (vgl. im Überblick Beck et al. 2004). Im virtuellen Raum ist die Qualitätsdebatte von besonderer Bedeutung, da qualitativ hoch- und minderwertige Informationen unmittelbar nebeneinanderstehen. Jedermann kann Informationen uneingeschränkt und zeitnah online stellen.

 

So verbreiten sich rasch Fehlinformationen, und User, denen die Expertise zur inhaltlichen Bewertung fehlt, laufen Gefahr, diese falsch einzuordnen (vgl. Flanagin/Metzger 2007; Trepte et al. 2005). Inzwischen plant der Presserat, die publizistischen Grundsätze des Pressekodex auch auf journalistische Publikationen im Internet zu übertragen (vgl. Deutscher Presserat 2008). Dieser Vorstoß wird jedoch kritisch gesehen, weil der Umfang der Publikationen im Internet schier unüberprüfbar sei (vgl. Niggemeier 2008). Auch für Blogs wurden kommunikationsethische Grundsätze wie z. B. die Offenlegung von Interessenkonflikten oder die Kennzeichnung von Quellen formuliert (vgl. Beck 2008); es ist jedoch zu vermuten, dass diese der Mehrzahl der User weitgehend unbekannt sind.

 

Für das Social Web sind also durchaus Verhaltenskodizes zu finden. Diese unterscheiden sich je nach Gruppe (Betreiber, Autoren oder User) und Angebot (z. B. Shopping, Gesundheitsinformationen, Blogosphäre, journalistische Angebote). Spezifische oder anerkannte Kodizes für das Verhalten in Weblogs, die Blog-übergreifend gelten, gibt es derzeit nicht. Auch diskutieren Blogger insgesamt weniger über Qualität, Netiquette, Ethik oder die Entwicklung ethischer Kodizes als Journalisten. Als Ergebnis einer qualitativen Inhaltsanalyse deutscher Blogeinträge stellten Behr und Trepte (in Druck) heraus, dass medienethische Themen zwar genannt werden, aber von einer Debatte um Ethik oder Qualität nicht die Rede sein kann.

 

Resümierend bleibt festzuhalten, dass in der Debatte um journalistische Qualität spezifische Kriterien entwickelt wurden, mit deren Hilfe die Beurteilung der Qualität durch die Leser bzw. User operationalisiert werden kann. Die in den folgenden Studien angelegten Qualitätsmaßstäbe gehen auf Einschätzungen von Experten zurück. Dies gilt sowohl für die journalistischen Qualitätskriterien (vgl. Wyss 2002) als auch für den Pressekodex (vgl. Deutscher Presserat 2006b).

 

Ausgehend davon stellt sich die Frage, welche der Qualitätskriterien und medienethischen Standards Internetnutzerinnen und -nutzer für wichtig halten und ob sie die weitgehend von privaten Autoren verfassten Weblogs und die Zeitungsartikel einer überregionalen Tageszeitung bei der Lektüre tatsächlich mit zweierlei Maß messen.


4. Forschungsfragen und Hypothesen

 

Die vorangestellten Erläuterungen führen zu zwei grundlegenden Fragestellungen, nämlich danach, welche Standards an Qualität (vgl. Wyss 2002) und Ethik (vgl. Deutscher Presserat 2006b) die User für Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und in Weblogs generell anlegen und inwieweit sie diese Standards bei der Lektüre von journalistisch gestalteten Blogbeiträgen und Tageszeitungsartikeln praktisch anwenden.

 

Der zweite Abschnitt dieses Beitrages hat gezeigt, dass im Internet eine Reihe von Verhaltenskodizes zur Verfügung steht. Anfängliche Überlegungen zu Verhaltensstandards im Netz in Form der "Netiquette" reichen heute bis zur Überlegung, den Pressekodex auf das Internet auszuweiten. Diese Kodizes sind jedoch vielen Usern nicht bekannt und können keinesfalls als konsentierte Standards gelten. Grundsätzlich ist anzunehmen, dass die User des Web 2.0 geringere Standards an Publikationen im Web 2.0 als an Publikationen in Tageszeitungen anlegen, weil sie wissen, dass das Web 2.0 von anderen Usern produziert wird und eine journalistische Professionsethik dabei weder Pflicht noch unbedingt gewünscht ist. Dementsprechend lauten die ersten drei Hypothesen:

 

H1: Grundsätzlich (und ohne genaue Spezifikation der Qualitätskriterien) geben User des Web 2.0 an, bei Blogs niedrigere Qualitätsmaßstäbe als bei Tageszeitungen anzusetzen.

 

H2: User des Web 2.0 geben an, bei der Beurteilung von Tageszeitungen journalistische Qualitätskriterien (Richtigkeit, Verständlichkeit, Aktualität, Relevanz, Vermittlung, Vielfalt, Objektivität) für wichtiger zu erachten als bei der Beurteilung von Weblogs.

 

H3: User des Web 2.0 geben an, bei der Beurteilung von Tageszeitungen die im Pressekodex verankerten ethischen Standards für wichtiger zu erachten als bei der Beurteilung von Weblogs.

 

Der zweite Abschnitt des Beitrages verdeutlicht, dass User des Web 2.0 sich hinsichtlich ihrer Nutzung des Internets unterscheiden. Abgesehen davon scheinen sie sich einig darüber zu sein – so zeigen die im ersten Abschnitt berichteten Studien –, dass Inhalte klassischer Medien eher vertrauenswürdig und "richtig" sind. Der unterschiedliche Erfahrungshorizont macht verschiedene Umgangsweisen plausibel. Es ist zu vermuten, dass die Qualitätserwartungen umso höher sind, je mehr das Web 2.0. genutzt wird Gerade intensive Nutzerinnen und Nutzer können besser zwischen verschiedenen Angeboten differenzieren und sind darauf angewiesen, sich auf die Qualität der Inhalte verlassen zu können.

 

H4: Personen mit größerer Affinität zum Web 2.0 messen der journalistischen Qualität und der Einhaltung medienethischer Standards in einem Blog einen höheren Stellenwert zu als Abstinenzler.

 

Während mit den ersten vier Hypothesen die Qualitätserwartungen an Weblogs und Tageszeitungen überprüft werden, soll darüber hinaus die Frage beantwortet werden, welche Maßstäbe Nutzerinnen und Nutzer bei der Lektüre eines Textes anlegen. Der Vergleich journalistischer Texte mit verschiedenen Quellenangaben soll Vergleichbarkeit herstellen. Wir erwarten, dass ethisch fragwürdige Inhalte generell erkannt und verurteilt werden (Haupteffekt des Inhaltes: ethisch fragwürdig/neutral). Weiterhin ist zu vermuten, dass die ethisch fragwürdigen Inhalte eher in einem Weblog als in einer Tageszeitung akzeptiert werden (Haupteffekt der Quelle: Weblog/Tageszeitung).

 

H5: Die Probanden bewerten die journalistische Qualität (Richtigkeit, Verständlichkeit, Aktualität, Relevanz, Vermittlung, Objektivität) des ethisch fragwürdigen Textes negativer als die Qualität des neutralen Textes.

 

H6: Probanden befinden, dass journalistische Ethik im Sinne des Pressekodex im ethisch fragwürdigen Text weniger gegeben ist als im neutralen Text.

 

H7: Probanden beurteilen einen ethisch fragwürdigen Text aus einer Tageszeitung negativer als einen ethisch fragwürdigen Text aus einem Weblog.

 

Um diese Hypothesen und Fragestellungen zu untersuchen, wurden in einer ersten Studie User des Web 2.0 befragt und in Studie zwei Probanden laborexperimentell beobachtet.


5. Studie eins

5.1 Methode

 

Internetnutzer wurden online zu ihrer Gewichtung verschiedener Qualitätskriterien befragt. Der Fragebogen bezog sich zunächst auf den Stellenwert einzelner journalistischer Qualitätskriterien nach Wyss (2002) in einer Tageszeitung und in einem Blog, sowie im Anschluss auf die Wichtigkeit, die die Befragten einzelnen Aspekte der publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserates ("Pressekodex"; vgl. Deutscher Presserat 2006a) bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung bzw. in einem Blog beimessen.


5.2 Stichprobe

 

Im Erhebungszeitrum von Anfang Juli bis Mitte August 2007 wurden insgesamt 702 Datensätze erhoben. Die Mehrheit der Teilnehmer folgte dabei einem Banner zum Online-Fragebogen auf der Startseite des Watchblogs bildblog.de (n = 465), gefolgt von chip.de (n = 197) und den drei Blog-Hosting-Sites blog.de (n = 30), blogg.de (n = 8) und blogjungle.de (n = 2). Die Teilnehmer der Befragung wiesen einen Altersdurchschnitt von 28,4 Jahren (SD = 9,83) auf, 83,8 Prozent der Befragten waren Männer. Da es sich bei der vorliegenden Stichprobe um eine "anfallende", also selbstselektive Stichprobe handelt und nicht um ein systematisch rekrutiertes Online-Panel, ist sie nicht repräsentativ für die Grundgesamtheit der Internetnutzer in Deutschland. Mit durchschnittlich 325 Minuten (SD = 258,9) täglich lag die Internetnutzung der Befragten erheblich über dem Durchschnitt der deutschen Internetnutzer ab 14 Jahren, die das Internet im Jahr 2007 pro Tag im Durchschnitt 120 Minuten lang nutzten (vgl. Eimeren/Frees 2008).


5.3 Instrumente

5.3.1 Journalistische Qualitätskriterien nach Wyss (2002)

 

Die hier verwendete Operationalisierung journalistischer Qualität basiert auf einer Untersuchung von Wyss (2002). Im Rahmen einer Interviewstudie befragte er Redaktionsmitglieder von zehn Schweizer Tages- und Wochenzeitungen zum Stellenwert, den diese verschiedenen journalistischen Qualitätskriterien zuweisen, und fand folgende Dimensionen: Richtigkeit, Verständlichkeit, Aktualität, Relevanz, Vermittlung, Vielfalt und Objektivität. Zu jedem dieser sieben Qualitätskriterien wurde jeweils ein Item formuliert (vgl. Tabelle 1). Um den Stellenwert der sieben Qualitätskriterien für Tageszeitungen und für Blogs gegenüberstellen zu können, sollten die Befragten die Wichtigkeit jedes Kriteriums a) bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und b) bei Veröffentlichungen in einem Blog auf einer Skala von 1 = "überhaupt nicht wichtig" bis 5 = "sehr wichtig" angeben. Die Skala weist in beiden Fällen (Cronbach's Alpha =.613 bzw 780) eine hinreichende interne Konsistenz auf.


5.3.2 Publizistische Grundsätze des Deutschen Presserates

 

Der Deutsche Presserat (vgl. Deutscher Presserat 2006b) formuliert in seinen publizistischen Grundsätzen, dem so genannten Pressekodex, berufsethische Verhaltensregeln für die journalistische Praxis. In Anlehnung an die 16 Ziffern des Pressekodex wurden insgesamt 19 Items formuliert (vgl. Tabelle 2). Ausgespart wurden dabei nur die Ziffern 6 (Trennung der Tätigkeiten von Journalisten und Verlegern), 13 (Unschuldsvermutung), 14 (medizinische Berichterstattun und 16 (Rügenabdruck), weil sich deren Inhalt nur schwer auf die publizistische Praxis des Bloggens übertragen ließe. Um den Stellenwert dieser publizistischen Grundsätze für Tageszeitungen und Blogs gegenüberstellen zu können, sollten die Probanden die Wichtigkeit jedes Items bei a) Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und b) Veröffentlichungen in einem Blog auf einer Skala von 1 = "überhaupt nicht wichtig" bis 5 = "sehr wichtig" angeben. Die Skala zeigte in beiden Fällen (Cronbach's Alpha =.839 bzw. .916) eine ausreichende interne Konsistenz.


5.3.3 Internetnutzung

 

Die Nutzung von Blogs, Chats und Foren (jeweils lesen, kommentieren, eigene Beiträge schreiben) wurde auf einer Skala von 0 = "nie" bis 6 = "täglich" erfasst. Die Teilnehmer, die Blogs, Chats oder Foren nutzten, sollten zusätzlich die inhaltliche Ausrichtung der aufgerufenen Web-Dienste angeben. Dazu wurde die Organisationsform der genutzten Blogs mit den Kategorien "privates Blog" und "Corporate Blog" und die inhaltliche Gattung mit den Kategorien "Blog als privates Tagebuch", "Themenblog zu Rechtswissenschaft, Politik, Krieg", "Themenblog zu Literatur, Kunst, Bildung", "Themenblog zu Kochen, Freizeit, Spaß, Humor", "Wahlblog, Stadtblog oder Bürgermeisterblog", "Watchblog" und "andere" jeweils auf einer Skala von 0 = "nie" bis 6 = "täglich" erfasst. Die thematische Ausrichtung der genutzten Chats und Foren wurde jeweils in den Kategorien "zu privaten Themen", "zu Sachthemen (Reise, Sport, Technik, Politik etc.)" und "andere/weitere hier nicht genannte Themen" ebenfalls auf einer Skala von 0 = "nie" bis 6 = "täglich" erfasst. Zusätzlich sollten die Befragten ihre durchschnittliche generelle Internetnutzung in Tagen pro Woche und Minuten pro Tag angeben.


5.4 Ergebnisse der Befragungsstudie

 

H1: Unterschiede in der Bewertung von Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und in einem Blog

 

Um potentielle Unterschiede in der allgemeinen Qualitätsbewertung von Inhalten in Tageszeitungen und Blogs aufzudecken, wurden zunächst die Antworten der Teilnehmer auf die Frage "Sollten für Veröffentlichungen in Blogs geringere oder höhere Qualitätskriterien gelten als für Veröffentlichungen in Tageszeitungen?" analysiert. Das Item erreicht einen Mittelwert von M = 2,43 (SD = 0,964) bei einer 5-stufigen Skala von 1 = geringere Qualitätskriterien bis 5 = höhere Qualitätskriterien. Dies stellt eine signifikante Abweichung vom Skalenmittelwert dar (t(701) = -15,735; p < .001); im Durchschnitt stellen die Befragten demnach an Blogs geringere Qualitätskriterien als an Tageszeitungen, und Hypothese 1 wird von den Ergebnissen bestätigt.

 

H2 und H3: Unterschiedliche Gewichtung journalistischer Qualitätskriterien und des Pressekodex bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und in einem Blog

 

Die für Hypothese 1 gefundenen allgemeinen Bewertungsunterschiede bestätigen sich in differenzierterer Form auch im Hinblick auf die journalistischen Qualitätskriterien nach Wyss (2002) und die publizistischen Grundsätze des Deutschen Presserates (2006b). So weisen die Befragten den journalistischen Qualitätskriterien nach Wyss (2002) im Durchschnitt bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung (M = 4,16; SD = 0,47) eine höhere Wichtigkeit zu als bei Veröffentlichungen in einem Blog (M = 3,38; SD = 0,80), t(701) = 26,89; p < .001. Eine Analyse der einzelnen Items zeigt, dass sich diese unterschiedliche Gewichtung bei allen sieben Qualitätskriterien gleichermaßen widerspiegelt. Sie weisen für Veröffentlichungen in einer Tageszeitung signifikant höhere Durchschnittswerte auf als für Veröffentlichungen in einem Blog (vgl. Tabelle 1). Hypothese 2 wird demnach bestätigt.
Tabelle 1  Stellenwert journalistischer Qualitätskriterien nach Wyss (2002) bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und in einem Blog

  Tageszeitung  
Blog  
 

 

Wie wichtig ist Ihnen bei Veröffentlichungen in einer Tagesze i tung/in einem Blog …  
M  
SD  
M  
SD  
t (701)*

 

…die Richtigkeit von Informationen in einer Veröffentlichung, d. h. dass sie faktisch richtig sind? 
4,92 
0,37 
4,23 
1,03 
18,21

 

…die Verständlichkeit einer Veröffentlichung, d. h. dass der Autor in gut verständlicher Form schreibt? 
4,33 
0,84 
3,89 
1,11 
11,06

 

…die Aktualität einer Veröffentlichung, d. h. dass ihr Inhalt einen Neuigkeitswert besitzt? 
4,01 
0,95 
3,20 
1,28 
15,76

 

…die Relevanz einer Veröffentlichung, d. h. dass das Thema bzw. der Sachverhalt bedeutsam ist? 
3,92 
0,95 
2,64 
1,23 
26,61

 

…dass der Autor in einem Artikel bewusst eine Beziehung zum Publikum herstellt, d. h. dessen Interessen und Erwartungen berücksichtig? 
2,70 
1,21 
3,00 
1,29 
-5,66

 

…dass der Autor die Realität in ihrer Vielfältigkeit wiedergibt, d. h. dass er verschiedene Perspektiven, Quellen etc. berücksichtig? 
4,55 
0,72 
3,27 
1,23 
26,94

 

…die Objektivität des Autors, d. h. dass er sich darum bemüht, dass seine Darstellung mit den realen Fakten bzw. der Wirklichkeit übereinstimmt?  
4,70 
0,67 
3,43 
1,33 
25,23

 

Gesamtscore  
4,16  
0,47  
3,38  
0,80  
26,89

 

* alle p < .001, N = 702, Skala von 1 = "überhaupt nicht wichtig" bis 5 = "sehr wichtig".

 

Das gleiche Ergebnismuster findet sich für die Skala zu den publizistischen Grundsätzen des Deutschen Presserats (vgl. Deutscher Presserat 2006b). Auch diesen weisen die Befragten im Durchschnitt für Veröffentlichungen in einer Tageszeitung eine höhere Wichtigkeit zu (M = 4,56; SD = 0,43) als für Veröffentlichungen in einem Blog (M = 3,92; SD = 0,75), t(701) = 25,65; p < .001. Im Fall des Pressekodex findet sich die signifikant stärkere Gewichtung bei Tageszeitungen in allen abgefragten Aspekten wieder (vgl. Tabelle 2). Auch Hypothese 3 kann somit bestätigt werden.
Tabelle 2  Stellenwert publizistischer Grundsätze (Pressekodex) des Deutschen Presserats (2006b) bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung und in einem Blog

  Tageszeitung  
Blog  
 

 

Bei Veröffentlichungen in einer Tageszeitung / einem Blog…  
M  
SD  
M  
SD  
t (701)*

 

…muss man sich der Verantwortung gegenüber der Öffentlichkeit bewusst sein. 
4,71 
0,67 
3,68 
1,29 
22,40

 

…dürfen persönliche Interessen des Autors keinen Einfluss haben. 
4,34 
0,95 
2,73 
1,33 
31,10

 

…müssen das Privatleben und die Intimsphäre der Menschen geachtet werden. 
4,75 
0,58 
4,47 
0,95 
9,67

 

…müssen alle Angaben der Wahrheit entsprechen. 
4,79 
0,52 
4,10 
1,09 
18,07

 

…dürfen Angaben nur auf Informationen beruhen, die sorgfältig auf ihren Wahrheitsgehalt geprüft wurden. 
4,71 
0,56 
3,67 
1,12 
25,89

 

…dürfen nur Dinge behauptet werden, für die es auch Beweise gibt. 
4,33 
0,89 
3,47 
1,23 
20,92

 

…muss deutlich darauf hingewiesen werden, wenn es sich um unbestätigte Meldungen, Gerüchte oder Vermutungen handelt. 
4,84 
0,47 
4,26 
1,01 
16,39

 

…müssen Nachrichten und Behauptungen richtiggestellt werden, die sich nachträglich als falsch erweisen. 
4,90 
0,37 
4,38 
1,01 
14,29

 

…dürfen nur Informationen, Bilder etc. verwendet werden, die legal beschafft wurden. 
4,24 
1,15 
3,52 
1,41 
16,97

 

…muss der Autor seine Informanten schützen und darf sie nur mit ihrer ausdrücklichen Zustimmung preisgeben oder wenn die Information ein Verbrechen betrifft.  
4,58 
0,81 
4,19 
1,15 
11,28

 

…müssen Werbung und redaktionelle Beiträge streng getrennt sein. 
4,77 
0,63 
4,25 
1,13 
13,66

 

…dürfen Informationen aus dem Privatleben von anderen Personen nur veröffentlicht werden, wenn die Öffentlichkeit ein berechtigtes Interesse daran hat.  
4,46 
0,98 
4,03 
1,25 
12,83

 

…dürfen andere Menschen nicht in ihrer Ehre verletzt werden, z. B. durch Beleidigungen oder Verleumdungen. 
4,66 
0,71 
4,18 
1,11 
14,05

 

…dürfen religiöse, weltanschauliche oder sittliche Überzeugungen anderer Personen nicht schlechtgemacht werden. 
4,13 
1,14 
3,50 
1,39 
17,12

 

…sollte auf eine unangemessen sensationelle Berichterstattung über Gewalt, Brutalität und Leid verzichtet werden. 
4,51 
0,85 
4,06 
1,16 
13,20

 

…sollte die mögliche Wirkung auf Kinder und Jugendliche beachtet werden. 
3,85 
1,21 
3,34 
1,41 
12,24

 

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