Donnerstag, 24. Februar 2011

Carlo Vercellone: D. #Krise d. #Wertgesetzes - #Bemerkungen zur #systemischen #Krise d. #kognitiven #Kapitalismus

 

Carlo Vercellone: Die Krise des Wertgesetzes.

Der Profit wird zur Rente[1]

Bemerkungen zur systemischen Krise des kognitiven Kapitalismus

(Grundrisse Heft 35)

Vorbemerkung der Redaktion: Wir freuen uns, diesen Text, der in einem von Sandro Mezzadra und Andrea Fumagalli herausgegebenen Sammelband mit dem Titel "Die Krise denken. Finanzmärkte, soziale Kämpfe und neue politische Szenarien" voraussichtlich im Oktober 2010 im Unrast-Verlag erscheinen wird, bereits jetzt vorab publizieren zu können.

Einleitung

Die Absicht dieses Artikels besteht darin, ausgehend von der These des "Rente-Werdens des Profits und der Krise des Wertgesetzes" einige Elemente einer theoretischen Lektüre der aktuellen Krise bereit zu stellen. Die auf die Krise des fordistischen Modells folgende aktuelle Transformation des Kapitalismus ist von einer übermächtigen Wiederkehr und einer Vervielfachung der Formen der Rente gekennzeichnet, die mit einer weit darüber hinausgehenden Umwälzung in den Verhältnissen zwischen Rente, Lohn und Profit einhergehen. Diese Entwicklung gab sowohl aus theoretischer Sicht als auch im Hinblick auf ihre politischen Implikationen bereits Anlass zu sehr unterschiedlichen Analysen.

Im Besonderen nach einem innerhalb der marxistischen Theorie weit verbreiteten Ansatz, der von der Politischen Ökonomie Ricardos ausgeht, wird die Rente als vorkapitalistisches Erbe und Hindernis für die progressive Dynamik der Kapitalakkumulation betrachtet. Unter dieser Voraussetzung wäre der echte, der reine, der effiziente Kapitalismus ein Kapitalismus ohne Rente.

Eine ähnliche Sichtweise, die die Schlüsselrolle der Grundrente durch jene der Geldrente ersetzt, wird heute zur Interpretation der systemischen Krise vorgeschlagen, die den Kapitalismus in Folge des Platzens der aufgrund von Subprime-Darlehen entstandenen spekulativen Blase erfasst hat, jedoch allgemeiner in der Verbriefung von Krediten in der Form von fiktivem Kapital begründet ist. Dieser Analyse zufolge würde sich der Kern der gegenwärtigen Krise im Konflikt zwischen der Tendenz des Finanzkapitalismus zur Rentenbildung auf der einen Seite und des "guten" produktiven Kapitalismus als Träger einer dem Wachstum der Produktion und der Beschäftigung dienenden Akkumulationslogik auf der anderen Seite finden lassen.

Aus dieser Interpretation resultiert dann mehr oder weniger explizit, wie die Analysen zahlreicher ÖkonomInnen in Frankreich und Italien nahe legen, der Vorschlag einer Art neo-ricardianischen Kompromisses zwischen Lohnarbeit und produktivem Kapital gegen die Macht des Finanzsektors. Dieser Kompromiss soll es erlauben, die Hegemonie des fordistischen Managerkapitalismus und folglich die Bedingungen für ein sich der Vollbeschäftigung annäherndes Wachstum wieder herzustellen – und all dies im Rahmen einer weitgehenden Kontinuität der fordistischen Formen der Arbeitsorganisation und der Regulierung des Lohnverhältnisses. Gleichzeitig handle es sich darum, das Arbeitszeit-Wertgesetz[2] als Norm für die Verteilung und als Maß des Wertes wieder in Funktion zu setzen – gegen die Verzerrungen, die ihm die Finanzmärkte durch den Anstieg der Preise für immaterielle und materielle Kapitalanlagen (z.B. Häuser) in spekulative Höhen und die Aneignung eines unverhältnismäßigen Anteils des in der Realökonomie geschaffenen Wertes zugefügt haben.

Diese Lesart erscheint uns in mehr als einer Hinsicht falsch, im Besonderen aus vier eng miteinander verknüpften Gründen:

a) Sie irrt hinsichtlich der Rolle der Rente im Kapitalismus, da diese als eine der Dynamik des Kapitals äußerliche und der Kategorie des Profits entgegen gesetzte Kategorie betrachtet wird.

b) Die Verurteilung der Rückkehr der Rente und ihrer verzerrenden Auswirkungen wird nicht mit einer Analyse der zugrunde liegenden Transformationen verbunden, die in Reaktion auf die Krise des Fordismus in die Formen der Arbeitsteilung und in das Verhältnis Arbeit-Kapital eingegriffen haben. Wie wir noch sehen werden, sind diese Transformationen großteils an das potentielle Wachstum der kognitiven und immateriellen Dimension der Arbeit gebunden. Eine Dimension, innerhalb derer die Entwicklung der Finanzdienstleitungen im Übrigen nur einen – wenn auch den undurchsichtigsten – Aspekt darstellt.

c) Sie spart die Bedeutung jener Entwicklungen aus, die das Ende der hegemonialen Rolle der industriellen Logik der Kapitalakkumulation verursacht und zu einer immer ausgeprägter werdenden Tendenz zur Rente und zur Spekulation des produktiven Kapitals selbst geführt haben.

d) Und schließlich erkennt diese Lesart den von Marazzi in seinem grundlegenden Beitrag zu diesem Buch deutlich herausgearbeiteten alles durchdringenden Charakter des Finanzsektors nicht, die Art und Weise, in der er den gesamten ökonomischen Zyklus aus Produktion, Distribution und Realisierung des Wertes durchzieht und so eine Multitude von sozialen Subjekten und ökonomischen AgentInnen involviert, was eine klare Unterscheidung zwischen Finanzökonomie und Realökonomie immer schwieriger macht.

Sicherlich geht es nicht darum, die relative Autonomie und systemische Macht des Finanzsektors zu negieren. Eine Macht, die sich sowohl in den Wachstumsphasen zeigt, wenn er sich einen exorbitanten Teil der Profite[3] aneignet, als auch in den Phasen nach dem Platzen einer spekulativen Blase, wenn es die drohende Transformation einer lokalen in eine globale Krise dem Finanzsektor erlaubt, die Gesamtheit der Institutionen in Geiselhaft zu nehmen und von den Zentralbanken und Regierungen vorteilhafte und bedingungslose Konzessionen zu erhalten. Das Beharren auf dem Finanzsektor, als handle es sich um eine autonome, nahezu absolute Macht, die die so genannte Realökonomie aufsaugen würde, tendiert jedoch viel zu oft dazu, die gegenseitige Durchdringung von Finanzkapital und produktivem Kapital ebenso wie andere sozioökonomischen Ursachen, die den Widersprüchen und der Krise der Kapitalverwertung zugrunde liegen, zu vernachlässigen.

Eine solche Sichtweise verschweigt beispielsweise, dass der Übergang von der Krise der New-Economy-Börsen zur Krise der Immobilienbörsen nicht nur Ausdruck der zyklischen Logik der Finanzmärkte ist, sondern eine grundlegende Wende in der Dynamik des kognitiven Kapitalismus anzeigt. Die mit dem Zusammenbruch der NASDAQ[4] verbundene Krise von März 2000 war in der Tat die Bestätigung des Endes der Mythen der New Economy. Sie enthüllte die strukturellen Grenzen, auf die das Kapital in seinem Versuch, die immaterielle Ökonomie und das Internet der Logik der Kommodifizierung zu unterwerfen, trifft. Trotz der Bemühungen, ökonomische Zugangsbarrieren zu errichten, und der Stärkung der intellektuellen Eigentumsrechte[5] sind im Netz die Prinzipien der Kostenlosigkeit und Selbstorganisation weiterhin vorherrschend. Als der Niedergang der alten Leitsektoren des fordistischen Wachstums begann und diese auf die Sättigung der Märkte und die Konkurrenz der so genannten Schwellenländer trafen, war insgesamt eine außergewöhnliche Verschärfung der subjektiven und strukturellen Widersprüche des kognitiven Kapitalismus zu verzeichnen.

Diese Widersprüche waren in der Tat mit der Unfähigkeit des Kapitals verbunden, die immaterielle und Wissensökonomie als Basis für eine neue Expansion der Absatzmärkte und für die eigene Legitimität in der gesellschaftlichen Organisation der Produktion in eine progressive Wachstumsdynamik zu integrieren. Beweis dafür ist die insgesamt katastrophale Bilanz des makroökonomischen Erbes der Ära Bush.

Die auf die Krise der NASDAQ folgende kurze wirtschaftliche Dynamik von 2004 bis 2007 (mit einer Wachstumsrate von 2,8 Prozent im Jahresdurchschnitt) verdankte sich nahezu ausschließlich einer spekulativen Blase, in der sich die Entwicklung des Immobiliensektors und der Finanzdienstleitungen gegenseitig in Schwung hielten und sich so 40 Prozent des Wachstums des privaten Sektors in den USA sicherten. Gleichzeitig kann die Senkung der Löhne sowie die Explosion der Ungleichheiten in der Einkommensverteilung, die Antrieb für die anormale Ausweitung der Konsumkredite waren, nicht als das einfache Resultat der Habgier des Finanzsektors gedacht werden. Deren strukturelle Ursachen lagen auch und vor allem in den Prekarisierungsstrategien, die das Kapital einsetzte, um sich die Kontrolle über eine auf der Ebene der Organisation der Produktion zunehmend autonom werdende Arbeitskraft zu sichern.

Insgesamt gesehen sind die Finanzialisierung und allgemeiner die wachsende Bedeutung der Rente zum überwiegenden Teil Folge und nicht allein die Ursache dieser globalen inneren Widersprüche des kognitiven Kapitalismus.

Die gleiche Einschätzung gilt für das Verständnis des Charakters und der Ursachen des Ausbruchs der aktuellen Krise, deren Ursprung fälschlicherweise wesentlich als im Finanzsektor liegend betrachtet werden könnte – wie von den meisten ÖkonomInnen angenommen wird – und die erst in einem zweiten Schritt die Realökonomie affiziert hätte. Bei genauerer Betrachtung ist dieses Schema nicht haltbar. Zahlreiche ökonomische, soziale und ökologische Indikatoren einer globalen Krise waren bereits lange vor Ausbruch der Finanzkrise vorhanden. Wie wir bereits vorweggenommen haben, reicht es, an die der kommerziellen Entwicklung der so genannten New Economy inhärenten Schwierigkeiten zu denken, an die schleichende Krise der Automobilindustrie, die untragbare Verschuldung der Privathaushalte und – nicht zu vergessen – die internationalen ökonomischen und finanziellen Ungleichheiten sowie den spektakulären Anstieg der Rohstoff- und Nahrungsmittelpreise.

In den Kategorien der französischen Regulationstheorie ausgedrückt, handelt es sich bei der gegenwärtigen Krise nicht – wie 1929 – nur um "eine große Krise" der Finanzregulierung des kognitiven Kapitalismus, die die Grundlagen eines Akkumulationsregimes betrifft, das längerfristig lebensfähig sein könnte. Deshalb kann weder die Bedeutung, noch der mögliche Ausgang dieser Krise auf das Projekt der Errichtung eines eventuellen neuen Kompromisses zwischen Kapital und Arbeit, der Schaffung von Institutionen zur Beschränkung der Macht des Finanzsektors sowie der Wiedereinführung der fordistischen Koppelung der Löhne an die Produktivität reduziert werden, um so eine harmonische Entwicklung der Produktionsnormen und des Konsums zu sichern, die einem auf dem Immateriellen und dem Wissen basierenden Kapitalismus eigen wären. Wir werden auf diesen Punkt in den Schlussfolgerungen zurückkommen.

Die These, die in diesem Artikel entwickelt werden soll, geht im Gegenteil davon aus, dass die gegenwärtige Krise in ihrer ganzen Tiefe vielmehr den unversöhnlichen Charakter des Verhältnisses des kognitiven Kapitalismus zu jenen gesellschaftlichen Bedingungen ausdrückt, die der Entwicklung einer wissensbasierten Ökonomie zugrunde liegen und die für die Aufrechterhaltung des ökologischen Gleichgewichts der Erde notwendig sind.

Es handelt sich um eine strukturelle Krise, die den Widerspruch zwischen der Entwicklung der Produktivkräfte und den gesellschaftlichen Produktionsverhältnissen viel grundlegender betrifft. Um eine schöne Formulierung von André Gorz wieder aufzunehmen, weist diese Krise auf die Art und Weise hin, in der "der Kapitalismus […] in der Entwicklung der Produktivkräfte an eine Grenze gestoßen [ist], jenseits welcher er sich selbst überwinden müsste, um sein Potenzial auszunützen."[6]

Dieser Widerspruch ist eng an die Krise des Wertgesetzes sowie an jene Tendenz gebunden, die wir als das Rente-Werden des Profits bezeichnen.

Was verstehen wir unter der Krise des Wertgesetzes?

Eine solche Krise zeigt sich zuallererst als Krise des Maßes, die den Sinn selbst der grundlegenden Kategorien der Politischen Ökonomie – Arbeit, Kapital und selbstverständlich Wert – in Frage stellt. Noch fundamentaler jedoch beschränkt sich die Krise des Arbeitszeit-Wertgesetzes nicht nur auf eine Krise des Maßes, sondern stimmt mit zwei Aspekten überein, die im Besonderen in den Ländern des fortgeschrittenen Kapitalismus das Ende des progressiven Vermögens des Kapitals und seinen immer parasitäreren Charakter anzeigen.[7]

Der erste Aspekt entspricht dem Ende des Wertgesetzes als Kriterium der kapitalistischen Rationalisierung der Produktion, das wie im industriellen Kapitalismus über die Fähigkeit verfügt, aus abstrakter Arbeit, die in einer Zeiteinheit von einfacher, nicht qualifizierter Arbeit gemessen wird, jenes Werkzeug zu machen, das die Kontrolle über die Arbeit und das Wachstum der gesellschaftlichen Produktivität erlaubt. Diese Krise ist mit der verstärkten Rückkehr und dem Wachstum der Macht der kognitiven Dimension der Arbeit verbunden, die mit der Durchsetzung einer neuen Hegemonie des in der Arbeit bzw. im fixen Kapital und der Unternehmensorganisation verkörperten Wissens einhergehen. Unter diesen Rahmenbedingungen basiert der Profit, ganz wie die Rente, immer mehr auf Mechanismen der Aneignung des Wertes, die von einer Position außerhalb der Organisation der Produktion her erfolgen.

Der zweite Aspekt besteht im Ende des Wertgesetzes, verstanden als gesellschaftliches Verhältnis, das die Warenlogik zum entscheidenden und die Entwicklung der Gebrauchswertproduktion und der Befriedigung der Bedürfnisse antreibenden Schlüsselkriterium macht. Zum besseren Verständnis dieser Aussage ist es notwendig, daran zu erinnern, wie für Marx oder auch sogar für Ricardo der Wert (der Waren) von den Schwierigkeiten ihrer Produktion, also der Arbeitszeit, abhängt und sich radikal vom Begriff des Reichtums unterscheidet, der von Überfluss und Gebrauchswert bestimmt ist.

Die kapitalistische Logik der Produktion erlangte im industriellen Kapitalismus durch dessen Fähigkeit zur Entwicklung des Reichtums eine Art historische Legitimität, d.h. durch die Produktion einer wachsenden Anzahl von Waren mit einem einheitlichen Wert und dadurch mit relativ gesehen sinkenden Preisen zur Befriedigung einer wachsenden Anzahl von – sei es "wahren" oder "überflüssigen" – Bedürfnissen. In diesem Sinne konnten sich die kapitalistische Entwicklung der Produktivkräfte und der Profit als Instrumente im Kampf gegen den Mangel präsentieren. Im kognitiven Kapitalismus ist diese "positive" Beziehung zwischen Wert und Reichtum zerbrochen und tendiert zu einer regelrechten Auseinanderentwicklung.

Faktisch basiert heute das Überleben des Primats der Logik des Tauschwertes wie auch des kapitalistischen Eigentums immer mehr auf der Zerstörung der knappen, nicht erneuerbaren Ressourcen und/oder auf der Schaffung von künstlichem Ressourcenmangel – und dies mittels Mechanismen, in denen sich Profit und Rente vermischen.

Dies bedeutet jedoch nicht – wie ohne jede Zweideutigkeit betont werden muss –, dass die Arbeit nicht mehr Substanz und Quelle der Wertbildung sowie der Mehrwertbildung wäre. Es bedeutet einfach, dass das Gesetz von Wert, Mehrwert und Ausbeutung wie eine entleerte Hülle in Bezug auf das funktioniert, was Marx – fälschlicherweise oder zu Recht – als die fortschrittlichen Funktionen des Kapitals angesehen hat, d.h. seine aktive, demiurgische Rolle in der Organisation der Arbeit und der Entwicklung der Produktivkräfte als Mittel im Kampf gegen den Mangel und des Übergangs vom Reich der Notwendigkeit zum Reich der Freiheit.

Das bedeutet auch, dass der Antagonismus Arbeit-Kapital immer mehr die Form des Antagonismus zwischen den Institutionen des Communen auf der Grundlage einer Ökonomie annimmt, die auf dem Wissen und der Enteignungslogik des kognitiven Kapitalismus basiert, der sich selbst unter der Form der Rente entwickelt – einer Rente, die neben der Finanzrente vielerlei andere Ausdrucksformen hat, selbst wenn diese oft eine Synthese aller darstellt, indem sie fiktive Waren in fiktives Kapital umwandelt.

Um die Stichhaltigkeit unserer Thesen sowohl vom theoretischen als auch vom historischen Gesichtspunkt aus darzulegen, folgen nun zwei getrennte Abschnitte.

Im ersten Abschnitt wenden wir uns wieder der Definition der Kategorien Lohn, Rente und Profit zu. In dieser Analyse bestehen wir aus einem theoretischen wie historischen Blickwinkel auf den flexiblen und mobilen Grenzen, die die Kategorie der Rente von jener des Profits trennen. Dazu berufen wir uns auf einige Anstöße, die Marx im Dritten Band des Kapital entwickelt, dort wo er eine Theorie der Entstehung der Kapitalrente entwirft – eine Theorie, die in einem neuen Licht erscheint, wenn wir sie in Beziehung zur Aktualität der These des "General Intellect" setzen.

Im zweiten Abschnitt schlagen wir eine Methode der gemeinsamen Lektüre der historischen Transformationen des Verhältnisses Arbeit-Kapital vor, die gleichzeitig zur wachsenden Macht der Rente und zur Erosion der Unterscheidung zwischen Rente und Profit geführt haben.

1. Lohn, Rente und Profit: einige Definitionen

Nach Marx sind Lohn, Rente und Profit die drei wichtigsten Kategorien in der Verteilung des Einkommens, die den kapitalistischen Verhältnissen entspringen und ebenso wie diese historischen Charakters sind. Aus dieser Perspektive versuchen wir hier einige begriffliche Werkzeuge zu entwickeln, um die Veränderung des Zusammenhangs von Lohn, Profit und Rente im gegenwärtigen Kapitalismus zu verstehen und vor allem die Kategorie der Rente genauer zu untersuchen.

Aus Gründen der Logik beginnen wir mit dem Lohn. Warum? Einfach deshalb, weil im Kapitalismus der Lohn das Entgelt der produktiven Arbeit bezeichnet, wobei mit diesem Begriff jene Arbeit gemeint ist, die den Mehrwert produziert, aus dem sowohl die Profite als auch die Renten gebildet werden. Wie Marx bereits im Hinblick auf die Fabrik hervorgehoben hat, darf dieser Mehrwert nicht nur einfach als Summe des individuellen Mehrwerts, der von jeder einzelnen LohnarbeiterIn geschaffen wird, gedacht werden, sondern auch als Gratis-Aneignung des in der gesellschaftlichen Kooperation der Arbeit erzeugten Surplus.

Dieser Aspekt ist zentral für die nun folgende Analyse. Er wird ausschlaggebend, um die Begriffe des Lohns, der produktiven Arbeit und der Ausbeutung in einem Kontext neu zu denken, in dem diese Kooperation nicht mehr ins Innere der Fabrik eingesperrt ist, sondern sich auf die gesamte Gesellschaft ausdehnt und sich zunehmend autonom, also unabhängiger vom Kapital organisiert.

Nach dem Lohn gehen wir dann zu jenen Kategorien des Einkommens über, die sich das Produkt dieser Mehrarbeit aneignen, d.h. zur Rente und zum Profit. Die Kategorie der Rente ist ein theoretisch sehr komplexer Begriff. Wir schlagen eine von drei eng miteinander verknüpften Aspekten ausgehende Definition vor, die es erlauben, der gegenwärtigen Rolle der Rente in der Reproduktion der Produktions- und Distributionsverhältnisse, die die andere Seite des Begriffs der Rente darstellen, Rechnung zu tragen.

Vom Standpunkt der Produktionsverhältnisse aus erlaubt uns der erste Aspekt, die Entstehung und das Wesen der kapitalistischen Rente als das Resultat eines Prozesses der Enteignung der gesellschaftlichen Produktions- und Reproduktionsbedingungen zu charakterisieren. Die Bildung der modernen Grundrente fällt in der Tat zusammen mit dem Prozess der enclosures (Einhegungen), dieser ersten Enteignung des Communen als "Vorbedingung sine qua non" der Transformation von Boden und Arbeitskraft in fiktive Waren.[8]

Aus dieser ersten Prämisse können wir bereits eine wichtige theoretische Lehre ziehen. Die wechselnde Bedeutung der Rente in der Geschichte des Kapitalismus ist eng verknüpft mit der historischen Abfolge von Phasen der Entbettung, Wiedereinbettung und erneuten Entbettung der Ökonomie aus der Gesellschaft, wie sie von Karl Polanyi definiert wurde.

Deshalb sind die verschiedenen Formen, die die Rente im Laufe der Geschichte des Kapitalismus angenommen hat, immer untrennbar an die Privatisierung der gesellschaftlichen Produktionsbedingungen und an die Transformation des Communen in fiktive Waren gebunden – so wie die Grundrente an die Epoche der ursprünglichen Akkumulation.

Darin besteht das verbindende Element, das sowohl die ursprünglichen enclosures des Bodens als auch die neuen enclosures des Wissens und des Lebens unter der gleichen Logik subsumiert. Diese Analogie kann auch zwischen der Rolle der öffentlichen Verschuldung während der ersten Phase der ursprünglichen Akkumulation des Kapitals in der Epoche des merkantilen Kapitalismus und der bestimmenden Rolle, die die Privatisierung öffentlicher Gelder und der öffentlichen Verschuldung gegenwärtig in der Entwicklung der Finanzrente und der Destabilisierung der Institutionen des Wohlfahrtsstaates spielen, gezogen werden.

Diesen Elementen der Kontinuität zum Trotz ist es dennoch wichtig, eine entscheidende Besonderheit im aktuellen Prozess der neoliberalen Entbettung der Ökonomie im Vergleich zu anderen geschichtlichen Epochen hervorzuheben. Die Enteignung des Communen erstreckt sich heute nicht nur auf vorkapitalistische Bedingungen wie den Boden, die dem Außen (des Kapitalismus) im traditionellen Sinne des von Rosa Luxemburg geprägten Begriffs angehören.

Der heutige Prozess der Entbettung der Ökonomie betrifft vor allem die Enteignung von Bestandteilen des Communen, die aus sozialen Kämpfen dort entstanden sind, wo die Entwicklung der Produktivkräfte am fortgeschrittensten ist und einige institutionelle und strukturelle Grundlagen einer wissensbasierten Ökonomie vorhanden sind, die über die Logik des Kapitals hinausweisen. Es handelt sich hierbei um jene Elemente, die zumindest potentiell als Elemente eines post-kapitalistischen Außen bezeichnet werden können. Hierbei beziehen wir uns z.B. auf die Garantien und kollektiven Produktionen des Menschen durch den Menschen wie das Gesundheits- und Bildungssystem oder die nicht-private Forschung, die historisch von den Institutionen des Wohlfahrtsstaates gewährleistet wurden. Wir werden auf diesen Punkt noch zurückkommen, dem unserer Ansicht nach sowohl für die massive Wiederkehr der Rente, als auch für die Charakterisierung dessen, was in der gegenwärtigen Krise auf dem Spiel steht, eine zentrale Rolle zukommt.

Der zweite Aspekt der Rente besteht darin, dass die Ressourcen, auf denen die Abschöpfung der Rente basiert, im Allgemeinen nicht im gleichen Maß anwachsen wie die Höhe der Rente – ganz im Gegenteil. In den Worten Napoleonis ausgedrückt, ist die Rente "das Einkommen, das die EigentümerIn bestimmter Güter deshalb erhält, weil diese Güter in knappen Mengen verfügbar sind oder gehalten werden […]".[9] Die Rente ist also an den natürlichen oder – und öfter – künstlichen Mangel einer Ressource gebunden, also an eine Logik der Verknappung dieser Ressource – wie im Fall von Monopolen. Die Existenz der Rente basiert daher auf monopolistischen Eigentumsformen und Machtpositionen, die die Erzeugung eines Mangels und die Durchsetzung von Preisen erlauben, die über den durch die Produktionskosten gerechtfertigten Preisen liegen. Dies geschieht durch institutionelle Artefakte, wie z.B. die Politik der Stärkung der intellektuellen Eigentumsrechte.

Und schließlich besteht der dritte Aspekt darin, dass die kapitalistische (im Unterschied zur feudalen) Rente als reines Distributionsverhältnis betrachtet werden kann, da sie nicht länger irgendeine Funktion "oder wenigstens keine normale Funktion im Produktionsprozeß selbst versieht."[10] Deswegen stellt die Rente eine Forderung oder ein Eigentumsrecht auf materielle und immaterielle Ressourcen dar, die von einer Position aus, die außerhalb der Produktion liegt, ein Recht auf die Abschöpfung von Wert sichert.

Von diesen Grundlagen ausgehend, wenden wir uns nun dem Profit sowie jenen Kriterien zu, die es erlauben, ihn von der Rente unterscheiden. Diese sind weit weniger offensichtlich, als gemeinhin gedacht wird. Zu diesem Zweck ist es sinnvoll, auf das Beispiel der Grundrente zurückzukommen, die die Vergütung der GrundeigentümerInnen für die Nutzung des Bodens, dessen EigentümerInnen sie sind, darstellt. In diesem Sinn kann die Rente, einer aus den Klassikern ererbten Definition zufolge, als das betrachtet werden, was nach der Entlohnung aller an der Produktion Beteiligten übrig bleibt.

Bemerkenswert an dieser Konzeption ist, dass alles vom Verständnis dessen abhängt, was ein Beitrag zur Produktion ist und wer zur Produktion beiträgt. Wenn wir also die klassische und immer noch gültige Definition des Profits akzeptieren, ist der Profit die Vergütung des Kapitals und besteht im Erhalt eines Einkommens, das der Menge des in die Produktion eingebrachten Kapitals entspricht. Dieser Definition nach, hat der Profit – wie bereits Smith betont hat – nichts mit dem Entgelt für die von UnternehmerInnen oder GeschäftsführerInnen unter Umständen ausgeführte Koordination und Überwachung der Produktion zu tun. Davon ausgehend können wir die Remuneration des Kapitals ebenso wie die Remuneration des Bodens als Rente betrachten, da die EigentümerInnen des Kapitals sich damit begnügen können, Produktionsmittel zu liefern, ohne diese selbst in Gang zu setzen.[11]

Aus diesem Grund ist die Geschichte der Politischen Ökonomie von Beginn an von einem enormen theoretischen Gerangel durchzogen, das darauf abzielt, die Rente streng vom Profit zu trennen. Wir wollen uns nicht allzu lange bei dieser Debatte aufhalten, jedoch jene beiden ernst zu nehmenden Argumente erwähnen, die uns für eine solche Unterscheidung geeignet erscheinen:

Erstens wird der Profit im Gegensatz zur Rente im Wesentlichen innerhalb des Unternehmens behalten, um erneut in die Produktion investiert zu werden. Deswegen spiele der Profit im Unterschied zur Rente eine positive Rolle in der Entwicklung der Produktivkräfte und im Kampf gegen den Mangel.

Zweitens befindet sich das Kapital (immer im Unterschied zur Rente) innerhalb des Produktionsprozesses als notwendige Bedingung für die Leitung und Organisation der Arbeit. Dieser interne Charakter des Kapitals beruht entweder auf der Entsprechung der Gestalt der KapitalistIn mit jener der UnternehmerIn oder auf der im produktiven Kapital verkörperten organisatorischen Logik, die eine Schlüsselrolle in der Verwaltung der Produktion, Innovation sowie Expansion der Produktionskapazitäten spielt. In beiden Fällen setzt der interne Charakter des Kapitals eine klare Opposition zwischen der Arbeit der Planung (die dem Kapital und dessen AgentInnen zugeordnet wird) und der einfachen Arbeit der Ausführung (die der Arbeit zugeschrieben wird) voraus.

Zum besseren Verständnis diesen zweiten Arguments ist es notwendig, an die – nach Marx – widersprüchliche Einheit zweier Dimensionen im kapitalistischen Produktionsprozess zu erinnern.[12] Die erste Dimension ist der auf die Produktion von Gebrauchswerten ausgerichtete Arbeitsprozess, von dem aus gesehen die potentielle Leitungsfunktion des Kapitals eine objektive Funktion der Organisation der Produktion ist. Die zweite Dimension ist der mittels der Ausbeutung der Lohnarbeit auf die Produktion von Waren ausgerichtete Verwertungsprozess, von dem aus gesehen die Leitung des Kapitals despotisch und von einem Antagonismus geprägt ist, der das Kapital dazu treibt, den Arbeitsprozess dem Verwertungsprozess zu unterwerfen und nach dessen Erfordernissen zu restrukturieren.

Nach Marx war es im industriellen Kapitalismus der reellen Subsumtion des Arbeitsprozesses unter das Kapital gerade die Fähigkeit, diese zwei Funktionen gleichzeitig zu gewährleisten, die aus der KapitalistIn eine AgentIn der Produktion machte und dem Kommando des Kapitals über die Kooperation der Arbeit den Anschein einer objektiven und notwendigen Bedingung für die Leitung des Arbeitsprozesses gab. Aus diesem Grund konnte der Profit als eine Kategorie erscheinen, die der Verteilung innerhalb des Produktionsprozesses angehört – im Unterschied zur Rente, die als reines Distributionsverhältnis betrachtet wurde.

Wie wir noch sehen werden, war jedoch die Verwirklichung dieser beiden für eine Unterscheidung – oder besser Entgegensetzung – von Rente und Profit notwendigen Bedingungen nichts anderes als ein vorübergehendes Produkt einer bestimmten Epoche des Kapitalismus, jener des industriellen Kapitalismus. Genauer gesagt, fand die vollständige Verwirklichung dieser beiden Bedingungen nur im "Goldenen Zeitalter" des fordistischen Wachstums statt, in dem sowohl die Logik der reellen Subsumtion der Arbeit unter das Kapital als auch jene der Massenproduktion voll entfaltet waren. Im kognitiven Kapitalismus hingegen verschwimmen diese Grenzen immer stärker. Bevor wir jedoch diesen Aspekt unserer Analyse weiter entwickeln, ist ein kurzer theoretischer Exkurs in den Dritten Band des Kapital sinnvoll, in dem Marx seine These der Kapitalrente umreißt.

Exkurs: Vom III. Band des Kapital zum "General Intellect". Die These der Kapitalrente bei Marx

In verschiedenen Schriften scheint Marx aus folgenden zwei prinzipiellen Gründen zwischen Rente und Profit nach zwei Kriterien zu unterscheiden:

Erstens scheint Marx, wie die klassischen Ökonomen, in der allgemeinen Analyse des Kapitals (I. und II. Band) als Normalfall vorauszusetzen, dass der industrielle Kapitalist eigenes Kapital besitzt und das eigene Unternehmen selbst leitet, wie es im Übrigen zur Zeit der Entstehung des Kapital auch allgemein üblich war. Der industrielle Kapitalist kann so in jenem Maß, in dem er direkt in ein Produktionsverhältnis involviert ist und in die Entwicklung der Produktivkräfte investiert (und damit den Mangel an Kapital verringert), als Gestalt erscheinen, die im Gegensatz zum Rentier steht.

Zweitens, und das ist der wichtigere Grund, argumentiert Marx im Rahmen der Tendenz zur reellen Subsumtion, in der sich die rein despotischen produktiven Funktionen mit den objektiven Funktionen der kapitalistischen Organisation der Produktion zu vermischen scheinen. Dieses Zusammenfallen hängt davon ab, inwieweit die im fixen Kapital inkorporierte Wissenschaft und die Trennung der Planungsarbeit von der ausführenden Arbeit der Leitung des Kapitals eine objektive Grundlage zu verschaffen scheinen, die in die Materialität der Produktivkräfte selbst eingeschrieben ist.

Deshalb behauptet Marx, dass Kapitalist und Lohnarbeiter die beiden einzigen Agenten der Produktion seien. "Der Grundeigentümer, ein so wesentlicher Funktionär der Produktion in der antiken und mittelaltrigen Welt, ist in der industriellen a useless superfetation."[13]

Nichtsdestotrotz stellt Marx im Dritten Band des Kapital, in dem er seine Analyse des Kapitals als Träger des Zinses UND des Unternehmergewinns entwickelt, die entgegen gesetzten Begriffe des Profits und der Rente ebenso wieder in Frage wie die Beschränkung der Kategorie der Rente auf das Grundeigentum. Marx treibt sein Denken bis an die Grenzen der Begriffe, bis er schließlich das Rente-Werden des Profits und des Eigentums an Kapital betrachtet. Zu diesem Zweck führt er in erster Linie die konzeptionelle Unterscheidung zwischen zwei Bestimmungen des Kapitals ein, das Eigentum und die Funktion – eine Unterscheidung, die auf jene zwischen dem Zins als Revenue des Kapitaleigentums und dem aktiven Profit als Gewinn des Unternehmers, der die Produktion leitet, zurück verweist. Auf dieser Voraussetzung aufbauend, entwickelt er zwei komplementäre Hypothesen.

Die erste betrifft die Art und Weise, in der die Tendenz zur Entwicklung des Kredits und der Aktiengesellschaften zu einer immer tieferen Trennung zwischen Kapitaleigentum und Kapitalverwaltung führt. Nach Marx erfährt das Kapitaleigentum ein ähnliches Schicksal wie die Grundrente im Übergang vom Feudalismus zum Kapitalismus, d.h. das Kapitaleigentum wird äußerlich in Bezug auf die produktive Sphäre und schöpft, wie das Grundeigentum, den Mehrwert ab, ohne noch eine direkte Funktion im Ins-Werk-Setzen der Organisation der Arbeit auszuüben.

So "bleibt nur der Funktionär und verschwindet der Kapitalist als überflüssige Person, aus dem Produktionsprozeß."[14] Marx unterscheidet also den passiven Charakter des Eigentums an Kapital vom aktiven Charakter des fungierenden Kapitalisten, der sich entlang des Auseinanderfallens von Eigentum und Verwaltung immer mehr in der Gestalt des Managers verkörpert, in der das Kommando über die Arbeit und die Ausbeutung derselben den falschen Schein eines Lohns für die Ausübung der Planungs- und Organisationsaufgaben in der Produktion annimmt.

Marx nimmt hier in vielerlei Hinsicht die während der Weltwirtschaftskrise in den 1930er Jahren von Keynes entwickelte Analyse vorweg. Wir sprechen von Passagen in der "Allgemeinen Theorie", in denen Keynes die Gestalt des Unternehmers jener des Spekulanten entgegensetzt und das Konzept der Rente explizit auf das Eigentum an Kapital ausweitet. Auf dieser Grundlage sagt Keynes "den sanften Tod des Rentiers […] und folglich den sanften Tod der kumulativen niederdrückenden Macht des Kapitalisten, den knappheitsbedingten Wert des Kapitals auszunutzen" voraus. Keynes präzisiert: "Zinsen sind heute keine Belohnung für ein wirkliches Opfer, sowenig wie die Pachtzinsen von Land."[15]

Im Dritten Band des Kapital jedoch geht Marx weit über Keynes hinaus, wenn er eine Situation skizziert, in der der parasitäre Rentiers-Charakter des Kapitals mit dem produktiven Kapital selbst in Verbindung gebracht wird. Die zweite Hypothese betrifft eine Weiterentwicklung des Verhältnisses Arbeit-Kapital, in der die Äußerlichkeit des Kapitaleigentums gegenüber der Produktion einhergeht mit einer Krise der reellen Subsumtion, die mit einem Prozess der Wiederaneignung des Wissens durch die ArbeiterInnen verbunden ist.

Unter solchen Verhältnissen, so sagt uns Marx im Wesentlichen, werden die Aufgaben der Produktionskoordination des Managers, des Funktionärs des Kapitals, ebenfalls überflüssig und erscheinen also als rein despotisch gegenüber einer produktiven Kooperation, die sich autonom vom Kapital organisieren kann. Marx zitiert hierzu eine Passage bei Hodgskin, der einen bedeutenden Einfluss auf die Ausarbeitung der Marxschen Hypothese des "General Intellect" haben wird, in der Hodgskin darlegt, in welchem Ausmaß "die weite Verbreitung der Bildung unter den industriellen Arbeitern"[16] die leitenden und intellektuellen Funktionen der Funktionäre des Kapitals immer vergänglicher machen werde.

Als Abschluss dieses Exkurses halten wir fest, dass diese Theorie der Kapitalrente, die im Dritten Band nur kurz angedeutet wird, noch mehr an Kraft sowie an theoretischer und historischer Relevanz gewinnt, wenn wir sie mit der These über den "General Intellect" verknüpfen, und zwar aus zwei Hauptgründen:

Erstens wird die These der Unproduktivität des Kapitals von Hodgskin angesichts des Entstehens einer diffusen Intellektualität zum Attribut der Gesamtheit der Funktionen des Kapitals (Eigentum und Management). In diesem Kontext wird Marx zufolge "auch der letzte Vorwand zur Verwechslung des Unternehmergewinns mit dem Verwaltungslohn unter den Füßen weggezogen und erschien der Profit auch praktisch, als was er theoretisch unleugbar war, als bloßer Mehrwert, Wert, für den kein Äquivalent gezahlt ist".[17] Kurzum, der Profit entsteht einfach aus der kostenfreien Aneignung von Arbeit, ohne die Ausübung irgendeiner realen Funktion im Produktionsprozess – wie auch bei der Rente.

Zweitens gerät das Wertgesetz, das auf der Arbeitszeit beruht, in einer Ökonomie, die auf dem Wissen als Motor basiert, in die Krise. Eine der Implikationen dieser Krise besteht darin, dass das Maß der unmittelbar für die Produktion notwendigen Arbeitszeit bereits auf ein Minimum reduziert ist, was das Risiko in sich birgt, zu einer drastischen Reduktion des Geldwertes der Produktion und daher auch der an diesen gekoppelten Profite zu führen. Daraus resultiert, dass das Kapital im Versuch, die Vorherrschaft des Tauschwertes aufrechtzuerhalten und die Profite zu retten, dazu getrieben wird, eine Rentiers-Logik zu entwickeln, die auf der Verknappung des Angebots beruht.

In Summe gesehen, zeigt uns die gemeinsame Lektüre der Analysen im Dritten Band des Kapital und in den Grundrissen, die von einer außergewöhnlichen Fähigkeit zur Antizipation zeugen, das unausweichliche Rente-Werden des Kapitals sowohl aus der Perspektive der objektiven wie der subjektiven Bedingungen der Produktion.

Marx selbst stellt jedoch diesen Zusammenhang nicht her, da diese Hypothese zu seiner Zeit nur eine künftige Potenzialität einer in einem sehr langen Zeitraum angesiedelten Tendenz war, und zwar völlig zu Recht.

Nach seinem Tod sollte das Universum, in dem sich der industrielle Kapitalismus entwickelte, trotz der Turbulenzen und der Expansion der Finanzrente, die die historische Phase von der großen Depression am Ende des 19. Jahrhunderts bis zur Krise der 1930er Jahre kennzeichneten, noch jenes der Ausweitung, Festigung und Vertiefung der reellen Subsumtion bleiben.

2. Vom industriellen zum kognitiven Kapitalismus

Auf diesen Grundlagen wenden wir uns nun der Analyse der Transformation im Verhältnis zwischen Lohn, Rente und Profit im historischen Übergang vom industriellen zum kognitiven Kapitalismus zu.

a) Die Marginalisierung der Rente im Fordismus

Nach der Krise von 1929 und während der

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