Montag, 24. Januar 2011

#Thiopental-Lieferanten für die #Giftspritze der #US-Justiz können sich #strafbar #machen [via idw]


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Augsburg, Klaus P. Prem, 23.01.2011 14:11

Thiopental-Lieferanten für die Giftspritze der US-Justiz können sich
strafbar machen.

Der Augsburger Strafrechtler Henning Rosenau zu Berichten, wonach US-
Staaten versuchen, das knapp werdende Gift für ihre Exekutionen u. a. bei
deutschen Pharmafirmen zu beschaffen

Augsburg/HR/KPP - Wie die Süddeutsche Zeitung vom 22. Januar 2011
berichtet (siehe http://sueddeutsche.de/panorama/lieferprobleme-in-usa-
todesspritze-ohne-gift-1.1049623), versuchen US-Staaten, sich in
Deutschland mit dem Narkosemittel Thiopental einzudecken, damit den
Giftspritzen ihrer Justiz nicht das Gift ausgeht und weiterhin
Todesstrafen exekutiert werden können. Bundesgesundheitsminister Rösler
habe zwar die deutschen Pharmafirmen gebeten, entsprechende US-Anfragen zu
ignorieren, habe aber juristisch nichts in der Hand. "Er selbst wohl
nicht, aber durchaus die deutschen Strafverfolgungsbehörden: Denn die
Verantwortlichen in den deutschen Firmen dürften sich ggf. strafbar
machen", meint der Augsburger Strafrechtler Prof. Dr. Henning Rosenau und
begründet seinen Standpunkt wie folgt:

"Sofern die Verantwortlichen in den deutschen Firmen die Möglichkeit
erkennen und sich gleichgültig damit abfinden, dass das gelieferte
Thiopental zur Tötung von Delinquenten genutzt wird, liegt eine strafbare
Beihilfe zur Tötung vor (§§ 212, 27 StGB). Eine Beihilfe deshalb, weil die
Lieferung in die USA die Exekutionen fördert, sogar offensichtlich kausal
für diese ist."

Hinzu trete, so Rosenau weiter, "ein unscheinbarer und oft übersehener
Paragraph, den man sonst mit guten Gründen kritisieren kann, der nun aber
einmal wohltuend wirkt: § 9 Abs. 2 S. 2 StGB sorgt dafür, dass der
deutsche Lieferant zur Verantwortung gezogen werden kann, auch wenn die
Todesspritze in den USA natürlich nicht bestraft werden kann und der
Henker dort gerechtfertigt ist. Dieser Paragraph bestimmt nämlich, dass
die Straflosigkeit in den USA in Deutschland außer Betracht bleibt. Denn
für den Lieferanten gilt unser deutsches Strafrecht, selbst wenn die Tat
am Tatort in den USA nicht mit Strafe bedroht ist. In Deutschland wäre
aber das Totspritzen eines Verurteilten ein Totschlag. Diese Tat kann die
verhängte Todesstrafe nicht rechtfertigen, weil eine solche Strafe der
idée europénne, dem europäischen ordre public widerspricht. Es hat zwar
lange gebraucht, aber heutzutage ist in Europa die Todesstrafe unter allen
Umständen als menschenrechtswidrig zu brandmarken. Dies besagt das 13.
Zusatzprotokoll vom 3.5.2002 zur Europäischen Menschenrechtskonvention.
Nicht weniger deutlich sagt es der Bundesgerichtshof: Keinem Staat könne
das Recht zustehen, über das Leben seiner Bürger zu verfügen (BGHSt Bd.
41, S. 317, 325). Die Todesstrafe wirkt daher in Deutschland niemals
rechtfertigend."

Auch könne sich das deutsche Pharmaunternehmen nicht darauf berufen, es
habe nur neutral mit einem Pharmazeutikum gehandelt, so wie etwa der
Waffenhändler den Revolver verkaufe, mit dem irgendwann jemand erschossen
werde, denn: "Ein Thiopental-Geschäft mit der US-Justiz", so Rosenau,
"verliert den Alltagscharakter, weil – zumal nach dem Brief des
Bundesgesundheitsministers –das mehr als hohe Risiko klar ersichtlich ist,
dass es der Todesspritze dient. Wozu sollte die US-Justiz solch ein Mittel
auch sonst benötigen?"
___________________________

Kontakt:

Prof. Dr. Henning Rosenau
Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und
Strafprozessrecht, Medizin- und Biorecht
Universität Augsburg
Universitätsstraße 24
86159 Augsburg
Telefon +49(0)821-598-4560
henning.rosenau@jura.uni-augsburg.de
http://www.jura.uni-augsburg.de/rosenau

Arten der Pressemitteilung:
Buntes aus der Wissenschaft
Forschungs- / Wissenstransfer

Sachgebiete:
Politik
Recht
Wirtschaft

Weitere Informationen finden Sie unter
http://sueddeutsche.de/panorama/lieferprobleme-in-usa-todesspritze-ohne-gift-1.1049623

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image133512
Deutsche Pharmafirmen, die die Giftspritzen der US-Justizmit Thiopental füllen, können sich strafbar machen, meint der Augsburger Straf-, Medizin- und Biorechtler Prof. Dr. Henning Rosenau.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news405622

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution58



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