Freitag, 10. Dezember 2010

#Grossangriff #auf #die #Privatsphäre #Werber #überwachen #Web-Surfer (...) via [NZZ]


Grossangriff auf die Privatsphäre

Werber überwachen Web-Surfer –

Immer neue Überwachungsmethoden erzwingen die

Entwicklung neuer Abwehrmassnahmen

[NZZ]
 
http://www.nzz.ch/magazin/digital/grossangriff_auf_die_privatsphaere_1.8604697.html

Die Werbebranche erfindet laufend neue Verfahren, um Web-Surfer auszuspionieren.

Dabei werden Verletzungen der Privatsphäre in Kauf genommen.

S. B. ⋅ «Im Internet weiss niemand, dass du ein Hund bist», erklärte einst in einem berühmtem Cartoon des «New Yorker» ein Hund einem anderen. Anonymität wurde als Besonderheit des neuen Mediums herausgestellt. Doch es wird immer schwieriger, sich im Internet zu verstecken: Die Werbewirtschaft ist offenbar bereit, grosse Summen zu investieren, um Internetnutzer auszuspionieren und personenbezogene Informationen anzuhäufen. So soll sichergestellt werden, dass Online-Werbung im richtigen Moment auf den richtigen Bildschirmen aufblitzt. Dabei wird auf die Privatsphäre der Nutzer keine Rücksicht genommen.

Javascript-Tricks

Ein vergangene Woche publizierter Bericht der amerikanischen Federal Trade Commission (FTC) deutet an, dass es in den USA um den Schutz der Privatsphäre schlecht bestellt ist. Um die Situation zu verbessern, schlägt die Bundesbehörde unter anderem vor, in die Web-Browser einen «Do not track»-Mechanismus einzubauen, der den Web-Servern signalisiert, dass ein Nutzer nicht beobachtet zu werden wünscht.

Einst waren Cookies, kleine Textdateien auf der Festplatte des Nutzers, das gängige Verfahren, um Computer zu markieren und Nutzer zu identifizieren. Journalisten des «Wall Street Journal» zählten auf einem Test-Computer 3180 Cookies, nachdem sie die Startseiten der 50 populärsten amerikanischen Websites aufgerufen hatten.

Alle gängigen Browser bieten die Möglichkeit, die Annahme solcher Cookies zu verweigern. Doch die Werbebranche hat Verfahren entwickelt, um auch ohne Cookies Internetnutzer auf ihrem Weg durchs Netz zu verfolgen. Eine Möglichkeit besteht darin, präparierte Flash-Animationen auf dem Computer des Anwenders zwischenzulagern, eine andere greift über Javascript auf die Chronik (History) zu, in der der Browser die besuchten Websites vermerkt.

Eine Studie der University of California in San Diego (UCSD) hat im Oktober dargelegt, dass ein solches «History-Sniffing» öfters angewendet wird, als zuvor vermutet. Die Studie untersuchte 50 000 populäre Websites und fand 46, die auf die Browser-Chronik zugreifen. Als Folge dieser Studie wurde dieser Tage in den USA eine Klage gegen Youporn.com eingereicht.

Die UCSD-Studie stellte auch fest, das viele Websites die Maus-Position protokollieren, um herauszufinden, welche Bereiche einer Webseite den Anwender besonders interessieren.

Rüstungsspirale

Einst standen zwischen Inserent und Rezipient Menschen als Vermittler, Mediaplaner, Berater, die dafür sorgten, dass ein Inserat oder ein Werbespot im passenden Moment die anvisierten Leser oder Zuschauer erreichte. Bei der Online-Werbung gibt es keine zeitlichen oder räumlichen Einschränkungen. Die Verbindung zwischen Inserat und Inhalt ist locker, Werbebotschaften werden automatisch placiert. Diese Automatismen erlauben es, die Insertionskosten stark zu senken, aber nicht, die Aufmerksamkeit der Rezipienten zu erhöhen. Nun sollen Algorithmen und Javascript-Tricks dafür sorgen, dass Werbebotschaften trotzdem treffsicher ihr Zielpublikum erreichen.

Ein kalifornischer Programmierer namens Samy Kamkar hat mehrere Methoden, mit denen Websites auf seinen Computern Spuren hinterlassen haben, kombiniert und diesen Herbst den Code für ein Evercookie publiziert. Es hinterlegt Informationen über besuchte Websites in vielen Kopien an verschiedenen Orten auf einem Computer und ist in der Lage, diese Informationen zu rekonstruieren, auch wenn der Anwender sie teilweise löscht. Das Evercookie gilt als unzerstörbar, es sei denn, es trifft auf das Nevercookie: Dieses Firefox-Add-On der amerikanischen Sicherheitsfirma Anonymizer beseitigt alle Spuren, die Web-Server auf einem Computer hinterlassen haben.

«Cookies sind ein Witz», sagte vergangene Woche David Norris im Interview mit dem «Wall Street Journal». Norris ist CEO der Firma Bluecava, die eine Software entwickelt hat, die Computer wiedererkennen kann, ohne sie zu markieren. Die australische Firma analysiert aus der Ferne Hunderte von Eigenschaften eines Computers. Auf diese Weise wird ein «Fingerabdruck» erstellt, der einmalig sein soll. Bereits hat Bluecava 200 Millionen Geräte katalogisiert, bis Ende nächsten Jahres sollen es eine Milliarde sein.

Bluecava ist eine von mehreren Firmen, die sich, so schreibt das «Journal», ein «Wettrennen» lieferten, um potenzielle Konsumenten von Online-Werbung zu erfassen. Wenn es in diesem Bericht heisst, es gebe für die Nutzer keine Möglichkeit, sich der Beobachtung von Bluecava und anderen zu entziehen, ist das vermutlich eine voreilige Feststellung. Denn nach Evercookie und Nevercookie ist das Fingerprinting doch nur eine weitere Drehung in der Rüstungsspirale, die Web-Surfer und Online-Werber zusammenzwingt.

Posted via email from Daten zum Denken, Nachdenken und Mitdenken

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