Donnerstag, 18. November 2010

--->>> Müllers Welt: Wenig Ahnung von der globalen Ökonomie <<<---


Gedanken zur Zeit 1891 15-11-10:

Müllers Welt: Wenig Ahnung von der globalen Ökonomie

(jjahnke.net)

http://jjahnke.net/gedanken61.html#1891


Da erschien in der FT-Deutschland vom Freitag eine Kolumne von Thomas Fricke unter der Überschrift "Tante Erna macht Weltökonomie", in der es hieß:

"Hohe Exportüberschüsse machen abhängig von der Weltkonjunktur, bringen zwiespältige Geldschwemmen in den Rest der Welt mit sich, tragen zu Finanzblasen und Währungskapriolen bei und lösen über kurz oder lang Schuldenkrisen bei anderen aus. All das ist kompliziert, ökonomisch aber recht eindeutig.

Nur Frau Merkel und ihre kuriosen Minister für Finanzen und Wirtschaft machen globalökonomisch auf Tante Erna - und fantasieren bei dem Thema seit Tagen über böse Mächte, die den deutschen Export klauen, den freien Welthandel abschaffen oder die Planwirtschaft einführen wollen. Polterwirtschaft auf Brüderle-Niveau."

Das ist eigentlich sehr richtig. Denn wer mehr exportiert, als er importiert, lebt von der Differenz, die einen erheblichen Anteil an der deutschen Wirtschaftsleistung hat, wie das Statistische Bundesamt immer wieder feststellt.

Es ist die Differenz, die hier zählt, weil bei einer ausgeglichenen Außenwirtschaftssituation weltwirtschaftlich bedingte Exporteinbrüche mindestens teilweise durch Verminderung der Importe ausgeglichen werden und damit der Rückgang der Wirtschaftsleistung insgesamt geringer ausfällt, wie es auch jetzt wieder in dieser Krise bei der deutschen Wirtschaftsleistung geschehen ist.

Auch der Zusammenhang von Überschüssen mit Geldschwemmen und Finanzblasen ist eine Binsenwahrheit. Denn die Überschüsse müssen im Saldo auf Kredit verkauft werden und tragen damit zur Geldvermehrung und den Finanzblasen bei.

So konnte die letzte Krise nur durch eine gewaltige Ansammlung von Liquidität entstehen, die einerseits von den im Kasino der Finanzmärkte angelegten Ersparnissen der Unternehmen und wohlhabender Individuen gespeist wurden und andererseits von der enormen Liquiditätswelle vor allem der chinesischen und auch der deutschen Überschüsse.

Die chinesischen wurden vor allem in amerikanischen Staatspapieren angelegt, die Teil der Geldmenge sind, und drückten auch das amerikanische Zinsniveau noch weiter nach unten, als es die Fed mit ihrer Zinspolitik bereits tat, was ebenfalls die Liquidität insgesamt erhöht, weil sich mehr Amerikaner zu solch niedrigen Zinsen verschulden konnten.

Die deutschen Überschüsse führten vor allem zu einer zusätzlichen Verschuldung einiger Euroländer, auch das eine gefährliche Blase, wie sich nun überdeutlich gezeigt hat.

Doch Albrecht Müller kann mit solchen Binsenwahrheiten nicht leben. Er muß es immer noch besser wissen. Für ihn war in seiner ideologisch verkürzten Weltsicht allein der Spekulant an der letzten Kreditkrise schuld. Wo das Geld zum Spekulieren herkam, hat ihn nie interessiert. Und auf die Globalisierung, die sich hier mit den globalen Ungleichgewichten rächt, läßt er ohnehin selten etwas kommen. Schon gar nicht auf den deutschen Export. Also poltert er in seinen NachDenkSeiten:

"Das ist einfach so nachgeplappert. Von der Weltkonjunktur machen schon Exporte abhängig, nicht nur die Überschüsse. Wie soll der Zusammenhang mit den Geldschwemmen sein und den Blasen? Das ist gängiges Gerede."

Und dann kommentiert Fricke weiter:

"De facto müsste die Bundesregierung künftig nur einbeziehen, was größere wirtschaftspolitische Entscheidungen für die Außenbilanz bedeuten. Ob es im Jahr X makroökonomisch vertretbar ist, die Exporte zusätzlich zu fördern - oder das Geld besser in Investitionen und höhere Nettoeinkommen zu stecken."

Und wieder poltert Müller dagegen:

"Hier tut Fricke so, als würde die Bundesregierung entscheiden, dass "Geld" irgendwo hingesteckt wird. Einfach ein falsches und irreführendes Bild."

Natürlich hat die Bundesregierung durch ihre Politik ständig für mehr Exportüberschüsse gesorgt, indem sie einerseits die Wettbewerbsfähigkeit im Export durch Förderung eines immer mehr wuchernden Niedrigstlohnsektor (z.B. Verweigerung von Mindestlöhnen, Förderung und gesetzliche Liberalisierung der Leiharbeit, Hartz-IV-Gesetze) gestärkt hat und indem sie anderseits die auch für Importe wichtige Massenkaufkraft auf die gleiche Weise geschmältert hat.

Auch das ist eigentlich eine Binsenwahrheit. Prof. Bofinger hat ausführlich im letzten Jahreswirtschaftsbericht für den Zusammenhang von Lohnpolitik und Exportüberschüssen argumentiert.

Vor diesem Hintergrund möchte man schmunzeln, wenn sich Albrecht Müller in NachDenkSeiten heute über Meinungsmache beklagt:

"Wir haben die NachDenkSeiten gestartet, weil wir die landläufige Manipulation als Ursache für eine liederliche Meinungsbildung und für viele schlechten politischen Entscheidungen ausgemacht haben und dem ein kleines Stück Aufklärung entgegensetzen wollten.

Aber manchmal muss man den Eindruck gewinnen, unsere Versuche sind wie ein Tropfen auf den heißen Stein. Zurzeit wird uns wieder einmal gezeigt, welche extremen und dreisten Fälle von Manipulation möglich sind."

Leider beteiligt sich auch Müller an der Manipulation. Er wie viele im linken deutschen Spektrum hat die Gesetze der neoliberalen Globalisierung nie verstanden. Schade!


Posted via email from Dresden und Umgebung

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