Montag, 29. November 2010

Harald Schumann: #Regierungsauftrag: #Entwertung #des #Bundestages [Nachdenkseiten]


Harald Schumann: Regierungsauftrag:

Entwertung des Bundestages

(Nachdenkseiten)



Im Eilverfahren peitschte da die Regierungskoalition das sogenannte "Restrukturierungsgesetz" durch.

Es regelt das Verfahren, wie die Regierung und ihre Behörden bei den nächsten Finanzkrisen mit insolventen Banken umgehen sollen, die man wegen ihrer Größe und Vernetzung mit anderen Geldhäusern nicht einfach in Konkurs gehen lassen kann.

Die Aufsichtsbehörden können damit früher eingreifen als bisher und können notfalls auch gegen den Willen des Managements eine Aufspaltung oder Abwicklung der Bank erzwingen.

Ob das Verfahren im Krisenfall tatsächlich eine Wiederholung der chaotischen und für die Steuerzahler äußerst kostspieligen Bankenrettung wie im Herbst 2008 verhindern würde, ist alles andere als klar.
Aber immerhin soll es künftig einen staatlich verwalteten Fonds für den Notfall geben, der über Abgabezahlungen von den Banken selbst mit 70 Milliarden Euro gefüllt werden soll.

Allein, die Abgabe ist so niedrig eingesetzt, dass es bis zu 70 Jahre dauern wird, bis die Summe tatsächlich einbezahlt ist. Weil die nächste Bankenpleite aber schon morgen geschehen kann, erteilt das Gesetz darum der Regierung und ihrer "Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung" die Vollmacht, auch künftig mal eben bis zu 20 Milliarden Euro Kredit für Kapitalhilfen an Banken aufzunehmen und zudem für bis zu 100 Milliarden Euro ausstehender Verpflichtungen der Krisenbanken mit Bürgschaften zu garantieren.

De facto wird so das das seinerzeit im Hauruckverfahren etablierte Prinzip der Bankenrettung kurzerhand verewigt, wenn auch in leicht abgewandelter Form.
Mag schon dieses Konzept fragwürdig sein, so kommt der Umgang der Abgeordneten der Regierungskoalition mit dem Verfahren einer Verhöhnung der Demokratie gleich.

Denn sie setzten durch, dass der Bundestag genau wie bisher keine Möglichkeit haben wird, über die Milliardenzahlungen zum Freikauf der Gläubiger überschuldeter Banken und zu Lasten der Steuerzahler selbst zu entscheiden.

Auch künftig müssen der Finanzminister oder seine Staatssekretäre und die Leiter der Bankenrettungsanstalt lediglich ein machtloses Gremium aus neun Abgeordneten des Haushaltausschusses über ihre Aktionen unterrichten.

Da dürfen die Volksvertreter zwar Fragen stellen, aber zu entscheiden haben sie nichts. Schlimmer noch: Selbst wenn sie Einwände haben oder gar von der unzulässigen Begünstigung einzelner Finanzinstitute oder deren Gläubiger erfahren, dürfen sie das Parlament und ihre Wähler nicht darüber informieren.

Stück für Stück begibt sich der Bundestag so seines wichtigsten Rechts, der Kontrolle über die Ausgaben Staates durch gewählte Vertreter.
Wer solcherart eines der zentralen Prinzipien der Demokratie ständig mit Füssen tritt, der darf sich über die zunehmende Abkehr der Bürger von den Parlamenten und ihren Abgeordneten nicht beklagen.

Quelle:
Tagesspiegel

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