Mittwoch, 27. Oktober 2010

Mannheimer #Politikwissenschaftler #Thomas #König rät zu #Volksentscheid #über #Stuttgart21 [idw]


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Universität Mannheim, Achim Fischer, 27.10.2010 09:46

Mannheimer Politikwissenschaftler Thomas König rät zu Volksentscheid über
Stuttgart 21

"Ausgang des Volksentscheids wäre völlig offen" / Warnung vor "hessischen
Verhältnissen" in Baden-Württemberg als Ergebnis eines möglichen
Lagerwahlkampfs

Der Mannheimer Politikwissenschaftler Prof. Dr. Thomas König hält eine
landesweite Abstimmung für die bestmögliche Lösung des Konflikts um das
Projekt Stuttgart 21. "Ein Volksentscheid würde eine rasche Entscheidung
herbeiführen und verhindern, dass die Landtagswahl zur reinen Abstimmung
über Stuttgart 21 wird", erklärt König. Der Wissenschaftler ist Experte
für politische Entscheidungsfindung am Mannheimer Zentrum für Europäische
Sozialforschung (MZES) und Sprecher des Mannheimer
Sonderforschungsbereichs 884 "Die politische Ökonomie von Reformen".

Je länger der Konflikt die Agenda präge, desto stärker entwickle sich in
Baden-Württemberg ein politischer Lagerwahlkampf: "Auf der einen Seite
stehen mit den Grünen und der Linken die Gegner, auf der anderen Seite mit
CDU und FDP die Befürworter des Tunnelprojekts. Die SPD ist inhaltlich
eher für Stuttgart 21, tendiert aber wahltaktisch dagegen. Sie hält sich
damit sowohl für Stuttgart 21 als auch für die Koalitionsbildung im
Frühjahr alle Optionen offen", erklärt König. Für die Union mit
Ministerpräsident Mappus bedeute dieser Lagerwahlkampf dagegen das Aus für
die auch bundesweit diskutierte schwarz-grüne Koalitionsalternative.

Dieser Verlust wäre vor allem im Sinne der SPD. Für die Grünen wiederum
könne sich ein Wahlerfolg mit dem Thema Stuttgart 21 als Pyrrhussieg
erweisen, betont König: "Die Grünen könnten dann nur mit der Linken und
einer SPD, der auch noch die Große Koalition offen steht, eine Regierung
bilden. Dann hätten wir in Baden-Württemberg instabile Verhältnisse, ein
unberechenbares Novum", so der Politikwissenschaftler mit Blick auf die in
Hessen gescheiterte Linksregierung unter Andrea Ypsilanti.

Für Stefan Mappus' Landesregierung und das Projekt Stuttgart 21 wäre ein
Volksentscheid vielleicht sogar die Rettung: Angenommen, die
Baden-Württemberger beteiligten sich in vergleichbarem Maße wie bei einer
Landtagswahl, dann müssten für einen Erfolg der Projektgegner nicht nur
die Wähler der Grünen, der Linken und der SPD, sondern auch weite Teile
der CDU- und FDP-Wähler dieser Linie folgen. Denn nur wenn mindestens ein
Drittel aller stimmberechtigten Bürger mit "Ja" stimmt, ist ein
Volksentscheid im Ländle angenommen. "Das ist kaum zu schaffen, wenn
beispielsweise viele Freiburger oder Mannheimer zu Hause bleiben. Der
Ausgang eines möglichen Volksentscheids ist also völlig offen, was ihn für
alle Seiten akzeptabel machen sollte", erklärt König.

Der Politikwissenschaftler geht von einer grundsätzlichen Durchführbarkeit
eines Volksentscheids aus, sofern politischer Wille vorhanden sei.
Demokratietheoretische Einwände sieht Thomas König nicht: "Die
üblicherweise gegen Volksentscheide vorgebrachten Argumente, etwa die
Gefahren einer unpräzisen Fragestellung und die mögliche Uninformiertheit
der Bürger, sind bei Stuttgart 21 wohl kaum zutreffend. Außerdem hat
ausgerechnet Baden-Württemberg seine Entstehung im Jahr 1952 einem
Volksentscheid zu verdanken, man könnte also durchaus an eine hiesige
Verfassungstradition anknüpfen."

Für eine Schlichtung sieht Thomas König dagegen schlechte Chancen: "Die
Thematik birgt eindeutig mehr Konflikt- als Kompromisspotenzial. Ob eine
Mediation im Big-Brother-Format unter Regie von Heiner Geißler die
Lagerbildung verhindern oder auflösen kann, erscheint fraglich. Vielmehr
scheint eine klare Entscheidung für oder gegen das Projekt notwendig."

Thomas Königs Fazit: "Neben dem Vorteil einer stärkeren Bürgerbeteiligung
spricht weiteres für einen Volksentscheid. Die Opposition ist unisono
dafür und die Regierung könnte womöglich so ihr Überleben retten. Wenn die
Konfliktparteien den Volksentscheid nun trotzdem nicht anstreben, dann ist
man mit seinem politikwissenschaftlichen Latein am Ende", schmunzelt
König.

Kontakt und weitere Informationen:

Prof. Dr. Thomas König
Universität Mannheim
Sonderforschungsbereich 884"Die politische Ökonomie von Reformen" –
Sprecher
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES) – Projektleiter
Telefon: +49-621-181-2073
Telefax: +49-621-181-2845
t.koenig@uni-mannheim.de
<http://reforms.uni-mannheim.de>

Nikolaus Hollermeier
Direktorat / Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Mannheimer Zentrum für Europäische Sozialforschung (MZES)
Universität Mannheim Telefon: +49-621-181-2839
Telefax: +49-621-181-2866
nikolaus.hollermeier@mzes.uni-mannheim.de
<www.mzes.uni-mannheim.de>

Arten der Pressemitteilung:
Buntes aus der Wissenschaft

Sachgebiete:
Gesellschaft
Politik


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