Donnerstag, 15. Juli 2010

Wozu brauchen wir eigentlich Banken? (via jjahnke.net)


Gedanken zur Zeit 1811 10-07-10:

Wozu brauchen wir eigentlich Banken?

http://www.jjahnke.net/gedanken59.html#1811


Bei zwei Themen fällt mir immer wieder auf, wie Menschen mit Verständnisproblemen ringen, weil ihnen eigene Erfahrungen fehlen und weil sehr viele, teilweise falsche Propheten unterwegs sind. Das eine ist die im Infoportal leidlich diskutierte Klimaentwicklung. Jeder Kälteinbruch treibt die Zweifler an dem Teil der Klimaentwicklung, der Menschenwerk ist, hoch und jede Hitzeperiode, wie gerade jetzt, läßt sie wieder etwas zur Ruhe kommen. Das andere ist die Frage nach der Berechtigung unseres derzeitigen Geldsystems und vor allem der Banken mit ihrer Geldschöpfung als dessen Hauptagenten.

Jetzt schrieb mir ein Zeitgenosse im Briefkasten zum Wochenbrief:

"Vielen Dank für Ihre Bemühungen, die 2319 Seiten der US-Banken-Reform in wenigen Punkten übersichtlich zusammenzufassen. Nach dem Lesen fiel mir ein, dass seit einiger Zeit ein Vorschlag diskutiert wird, die Geldschöpfung von den Banken in die öffentliche Hand zu verlegen. Als Institution wäre für Europa die EZB denkbar. Die Guthaben der Kunden würden dann auf separate Konten geführt werden, die nicht mehr in den Bilanzen der Geschäftsbanken erscheinen. Nur nach explizitem Auftrag der Kunden an eine Bank, würde das Geld für Kreditvergabe zur Verfügung stehen. Wäre das Ihrer Ansicht nach eine Möglichkeit dämpfend auf die Fluktuationen der Geldmenge einzuwirken?"

Ich habe dann geantwortet:

"Normalerweise müssen in einer funktionierenden Volkswirtschaft die Ersparnisse über die Banken durch Ausleihung in Investitionen umgesetzt werden, aus denen dann auch Arbeitsplätze kommen. Aber man könnte die Banken zwingen, daß spekulative Geschäft mit Kundengeldern zu unterlassen. Das ist der US-Ansatz für die zwei ganz großen Banken und für die anderen, etwas verwässert, bis zu einem Anteil am Eigenkapital. Warum in Deutschland eigentlich nicht auch??"

Doch der Zeitgenosse insistierte:

"Ich möchte die Diskussion nicht über Gebühr strapazieren aber Ihre Antwort impliziert, dass in der heutigen Volkswirtschaft Ersparnisse die Voraussetzung für Investitionen sind. Dem ist aber nicht so. Die Banken verleihen Geld, das sie selber im Augenblick der Kreditvergabe schöpfen können."

Da mußte ich noch einmal in die Harfe greifen:

"Sie machen da einen großen Fehler. Banken können nur im Rahmen ihrer Bilanzen und ihres Eigenkapitals Geld schöpfen. Das ist der Fehler vieler Geldtheoretiker, daß sie glauben, nur die Geldschöpfung allein führe schon zu Krediten.

Banken brauchen Eigenkapital und Einlagen, und erst auf dieser Basis können sie Geld schöpfen. Für die Einhaltung dieser Grenzen zu sorgen, ist Aufgabe der Bankenaufsicht. Die Geldschöpfung ist immer ein Vielfaches von Einlagen und Eigenkapital, und ohne diese Vorraussetzungen können die Banken kein Geld schöpfen. Außerdem reglementieren die Zentralbanken die Geldschöpfung durch die Rediskontsätze. Wenn die Banken frei Geld schöpfen könnten, hätten wir eine unendliche Inflation!!! Sie würden auch keine Kundengelder annehmen, da sie dafür ja Zinsen berappen müssen.

Und deswegen werden im Ergebnisse Ersparnisse in Investitionen umgeleitet, wenn auch natürlich nur in dem Maße, in dem Unternehmen Kredit nachfragen. Außerdem sorgen die Banken dafür, daß aus den Ersparnissen derer, die freie Mittel haben, Kredite an andere Privatpersonen, denen Mittel fehlen, geleitet werden. Auch diese Funktion kann nicht ohne Banken geschehen."

Dahinter liegt dann noch ein anderer Verständnisfehler, nämlich nur ohne Geldschöpfung der Banken schädlichen Fluktuationen der Geldmenge dämpfen zu können. Doch einerseits muß ganz grundsätzlich die Geldmenge fluktuieren können, denn deren Steuerung über die Zentralbanken durch den Zins und andere Einwirkungen ist ein wesentliches Instrument zur Konjunktursteuerung. Mit Verkürzung der Geldmenge wird einer Überhitzung entgegengewirkt und umgekehrt einer Rezession durch mehr Einschuß von Liquidität.

Andererseits war die Überflutung der Finanzmärkte mit Krediten, die die letzte Krise ausgelöst hat, nicht einfach die unvermeidbare Folge von Geldschöpfung durch die Banken, sondern das Ergebnis eines Versagens der Bankenaufsicht (in USA auch der Aufgabe des Glass Steagall Acts der Trennung von Geschäfts- und Investitionsbanken), der immer ungleicheren Einkommensverteilung mit sehr viel zusätzlichem anlagesuchendem Sparkapital, der gigantischen auf Kredit ausgeborgten Leistungsbilanzüberschüsse von China, Deutschland und anderen Ländern, sowie natürlich der Fehler im Management der Banken, Hypothekeninstitutionen und der Rating Agenturen.

Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

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