Mittwoch, 21. Juli 2010

Wo die wilden Gemüse wohnen - Gurke und Melone stammen aus Asien und Australien [idw]


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ludwig-Maximilians-Universität München, Luise Dirscherl, 19.07.2010
21:00

Wo die wilden Gemüse wohnen –

Gurke und Melone stammen aus Asien und Australien

Der geografische Ursprung und die Region der Domestizierung sind
selbst bei wichtigen kultivierten Pflanzen noch unklar. So wurde lange
vermutet, dass die botanische Gattung Cucumis, zu der auch Gurke
(Cucumis sativus) und Melone (Cucumis melo) gehören, aus Afrika
stammt, weil es dort zahlreiche wilde Cucumis-Arten gibt. "Eine
genetische Analyse hat uns nun aber gezeigt, dass Melone und Gurke
ursprünglich aus Asien stammen", sagt die LMU-Botanikerin Professor
Susanne Renner. "Wir haben zudem eine Reihe verwandter und noch nicht
beschriebener Arten nachgewiesen, die aus Australien oder aus Gegenden
rund um den Indischen Ozean stammen."

Diese Ergebnisse sind so wichtig, weil die Gurke weltweit eines der am
häufigsten angebauten Gemüse ist und zu den wenigen Blütenpflanzen
gehört, deren Genom bereits ganz sequenziert wurde. Genetische Studien
an dieser und verwandten Arten sollten sich demnach künftig auf Asien
und Australien konzentrieren. "Die Ressourcen der Botanischen
Staatssammlung und des Botanischen Gartens haben diesen Fund
ermöglicht", betont Renner. "Ein großer Teil der von uns sequenzierten
Pflanzen wurde im 19. Jahrhundert in Indien, Vietnam oder Australien
gesammelt und vergessen. Viele der Fundorte gibt es mittlerweile nicht
mehr, weil sie etwa in Vororten von Hanoi oder anderen expandierenden
Großstädten liegen."(PNAS online, 19. Juli 2010)

Die Gurke gehört zu den "Top Ten" der weltweit angebauten Gemüsesorten
und auch der Umsatz der Honigmelone boomt. Selbst in der Forschung
sind Cucumis-Arten beliebt. So ist die Gurke – neben Berühmtheiten wie
dem Reis oder dem Wein - eine von nur sechs Blütenpflanzen, deren
Genom vollständig entziffert wurde. In den letzten zehn Jahren wurden
mehrere Tausend wissenschaftliche Arbeiten veröffentlicht, in denen es
um Gurke oder Melone ging, etwa als Modellpflanzen für die
Geschlechtsbestimmung bei Blüten. Dafür ist vergleichsweise wenig über
die Verwandtschaft der Cucumis-Arten bekannt. So konnte bislang nur
vermutet werden, dass etwa die Melone aus Afrika stammt, weil man
irrtümlich glaubte, dort wilde Verwandte erkannt zu haben.

"Wir haben Teile des genetischen Materials von mehreren 100 Cucumis-
Herbarbelegen analysiert, die aus Afrika, Australien und Asien
stammen", berichtet Patrizia Sebastian, die Erstautorin der Studie
"Dabei hat sich gezeigt, dass die wilde Schwesternart der Melone aus
Australien stammt, von der sie sich vor etwa drei Millionen Jahren
abspaltete. Beide Spezies trennten sich von ihren verbleibenden
asiatischen und australischen Verwandten vor etwa zehn Millionen
Jahren." Die Zahl der Cucumis-Arten in Asien und Australien umfasst
nun mindestens 25 Arten, die sich vor rund 12 Millionen Jahren von
ihren afrikanischen Verwandten trennten.

Neun dieser Spezies wurden in der vorliegenden Studie erstmals
genetisch nachgewiesen. Die Beschreibung und lateinische Benennung
werden Renner und ihr Team zu einem späteren Zeitpunkt
veröffentlichen. Insgesamt sprechen die Daten für Asien als die
Ursprungsregion des gemeinsamen Vorfahren von Gurke und Melone: Für
beide Spezies lassen sich Vorgängerpopulationen im Himalaya
nachweisen. In Indien und China finden sich genetisch besonders
diverse Rassen von Cucumis melo. "Unsere Daten belegen auch eindeutig,
dass die der Gurke nächste verwandte Art die Spezies Cucumis hystrix
aus dem Östlichen Himalaya ist", sagt Renner. "Untersuchungen dieser
wilden Arten sollten sich künftig also auf Asien und Australien
konzentrieren."

Diese Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, welche Bedeutung
jahrhundertealte Bestände wie die Botanische Staatssammlung mit dem
Staatsherbar und dem LMU-Herbar auch für die moderne Forschung haben
können. "Ein großer Teil der Pflanzen, die wir jetzt genetisch
untersucht haben, wurden im 19. Jahrhundert gesammelt – und in vielen
Fällen dann wieder vergessen", sagt Renner, die auch Direktorin der
Botanischen Staatssammlung und des Botanischen Gartens in München ist.
"Heute könnten diese Schätze kaum mehr gesammelt werden: Manche
Fundorte gibt es nicht mehr, weil dort, wo früher Cucumis debilis
wuchs, inzwischen ein Vorort von Hanoi entstanden ist." (suwe)

Publikation:
Cucumber (Cucumis sativus) and melon (C. melo) have numerous wild
relatives in Asia and Australia, and the sister species of melon is
from Australia
Patrizia Sebastian, Hanno Schaefer, Ian R. H. Telford, and Susanne S.
Renner
PNAS online, 19. Juli 2010

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Susanne Renner
Department Biologie der LMU
Direktorin der Botanischen Staatssammlung München
Tel.: 089 / 17861 – 257
E-Mail: renner@lrz.uni-muenchen.de
Web: www.umsl.edu/~renners (Forschung)
Botanische Staatssammlung: www.bsm.mwn.de
Botanischer Garten München: www.botmuc.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Forschungsprojekte

Sachgebiete:
Biologie
Umwelt / Ökologie



Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news379937

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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