Montag, 26. Juli 2010

Welche Emissionen können wir uns noch erlauben, um die globale Erwärmung auf maximal 2°C zu begrenzen?


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Max-Planck-Institut für Meteorologie, Christina Rieckers, 26.07.2010
14:40

Welche Emissionen können wir uns noch erlauben, um die globale
Erwärmung auf maximal 2°C zu begrenzen?


- Neue Modellrechnungen am Max-Planck-Institut für Meteorologie -

Dieser Frage gehen Erich Roeckner und seine Koautoren am Max-Planck-
Institut für Meteorologie (MPI-M) in einer jetzt erschienenen
Veröffentlichung mit dem Titel "Historical and future anthropogenic
emission pathways derived from coupled climate-carbon cycle
simulations" in der Fachzeitschrift "Climatic Change" nach.

Als Erste veröffentlichen sie die Ergebnisse einer Pilotstudie, die im
Rahmen des EU-Projekts ENSEMBLES durchgeführt wurde. Die
Wissenschaftler berechnen mit einem gekoppelten Klima-
Kohlenstoffkreislauf-Modell des MPI-M die CO2-Emissionen aus fossilen
Brennstoffen, die noch erlaubt sind, um das von der EU angestrebte
2°C-Ziel nicht zu überschreiten. Dazu wenden sie eine Inversmethode
an, mit der aus vorgegebenen CO2-Konzentrationen zeitliche
Emissionsverläufe rekonstruiert werden können.

Ergebnis: Es müssen signifikante und baldige Maßnahmen getroffen
werden, um Emissionen von Treibhausgasen zu vermindern. Nur so kann
die globale Erwärmung in diesem Jahrhundert bei nicht mehr als 2°C
oberhalb des vorindustriellen Niveaus stabilisiert werden. Im
verwendeten Stabilisierungsszenario steigt die "erlaubte" CO2-Emission
von ca. 7 GtC im Jahr 2000 auf einen Maximalwert von ca. 10 GtC im
Jahr 2015 an. Danach müssen die Emissionen deutlich reduziert werden,
und zwar um 56 % bis zum Jahr 2050 und um fast 100 % gegen Ende dieses
Jahrhunderts. Die globale Erwärmung bleibt nach den Berechnungen des
MPI-M bis 2100 zwar unterhalb der 2°C-Grenze, längerfristig ist jedoch
eine weitere Erwärmung nicht auszuschließen.

Methodik

Ziel der Studie ist es, zukünftige Klimaänderungen und CO2-Emissionen
in einem Szenario zu simulieren, in dem die
CO2(äquivalent)-Konzentrationen in der Atmosphäre langfristig auf 450
ppm stabilisiert werden. Hintergrund für dieses sogenannte E1-Szenario
ist das politische Ziel der EU, die durch den Menschen verursachte
globale Erwärmung auf maximal 2°C gegenüber dem vorindustriellen
Niveau zu begrenzen.  Das E1-Szenario wurde im ENSEMBLES Projekt
mithilfe eines "Integrated Assessment Models" entwickelt, das u. a.
Energieerzeugung, Landnutzung und Kohlenstoffkreislauf beinhaltet
sowie ein einfaches Klimamodell. Die mit diesem Modell berechneten
Konzentrationen von Treibhausgasen und Aerosolen dienen als Input für
die MPI-M Simulationen.

Erich Roeckner und seine Koautoren folgen in ihrer Studie einer
Methodik, die das Intergovernmental Panel on Climate Change (IPCC) für
die Simulationen zum fünften Weltklimastatusbericht (Assessment Report
5 – AR5) vorschlägt: Erdsystemmodelle inklusive Kohlenstoffkreislauf
werden benutzt, um die anthropogenen CO2-Emissionen abzuschätzen, die
mit einem vorgeschriebenen Konzentrationsverlauf vereinbar sind. Die
berechneten Emissionen hängen dann allein davon ab, welcher Anteil des
anthropogenen Kohlenstoffs im Modell von der Landoberfläche und den
Ozeanen aufgenommen wird. In der vorliegenden Studie wurde die
"Ensemblemethode" verwendet: Die Wiederholung der Experimente mit
unterschiedlichen vorindustriellen Startterminen erlaubt, anthropogene
Klimaänderung und interne Klimavariabilität zu unterscheiden.

Modell

Das für diese Studie genutzte Modell ist eine grob aufgelöste Version
(ca. 400 km Gitterabstand) des Erdsystemmodells des MPI-M mit den
Subsystemen Atmosphäre einschließlich der Landoberfläche, Ozean
inklusive Meereis sowie dem marinen und terrestrischen
Kohlenstoffkreislauf. Abgesehen vom Kohlenstoffkreislauf und feinerer
Gitterauflösung (200 km Gitter), wurden mit diesem Modell die
Berechnungen für den AR4 des IPCC am MPI-M durchgeführt.

Ergebnisse

Abbildung 1a zeigt den zeitlichen Verlauf der vom Modell berechneten
CO2-Emissionen im E1-Stabilisierungsszenario. Nach einem Anstieg bis
zu einem Maximalwert von etwa 10 GtC im Jahr 2015 folgt eine Abnahme
auf 4.5 GtC im Jahr 2050. Dies entspricht einer Reduktion um 56 % in
35 Jahren. Bis zum Ende dieses Jahrhunderts müssen die fossilen
CO2-Emissionen gegen Null gehen, um eine langfristige Stabilisierung
der atmosphärischen CO2-Konzentration zu erreichen.

Abbildung 1b zeigt die zeitliche Entwicklung der globalen
Jahresmitteltemperatur nahe der Erdoberfläche. Bis zum Jahr 2040
steigt die globale Erwärmung noch relativ stark an. Danach nähert sie
sich allmählich der 2°C-Grenze. Offenbar ist aber am Ende des
Jahrhunderts noch kein Gleichgewichtszustand erreicht, und vermutlich
würde die 2°C-Grenze bei Fortsetzung der Simulationen im 22.
Jahrhundert überschritten werden.

Abb. 1a (links): Beobachtete und simulierte CO2-Emissionen in
GtC/Jahr. Gezeigt wird das 11-jährige übergreifende Mittel für 5
Modellsimulationen (dünne Linien) und für das Ensemblemittel (fett).
Hellgrün: Vergangener Zeitraum (1950-2000); dunkelgrün:
Stabilisierungsszenario E1 (2001-2100); schwarz: Beobachtungen.

Abb. 1b (rechts): Analog zu Abb. 1a für die Anomalien der globalen
Jahresmitteltemperatur in Bodennähe bezüglich des Referenzzeitraums
1860-1880.

Analoge Modellsimulationen wurden im Rahmen des ENSEMBLES-Projekts an
mehreren europäischen Klimazentren durchgeführt. Eine Zusammenschau
der Ergebnisse wurde von T.C. Johns vom Met Office, Hadley Centre, UK,
zur Veröffentlichung in der Fachzeitschrift "Climate Dynamics"
eingereicht.

Originalveröffentlichung

E. Roeckner, M.A. Giorgetta, T. Crüger, M. Esch und J. Pongratz:
Historical and future anthropogenic emission pathways derived from
coupled climate-carbon cycle simulations. Climatic Change, DOI
10.1007/s10584-010-9886-6, (2010). <www.springerlink.com>

Weitere Links: <http://ensembles-eu.metoffice.com/index.html>

Kontakt:

Dr. Erich Roeckner
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 368
E-Mail: erich.roeckner@zmaw.de

Christina Rieckers
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit - Assistenz
Max-Planck-Institut für Meteorologie
Tel.: 040 41173 387
E-Mail: christina.rieckers@zmaw.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Wissenschaftliche Publikationen

Sachgebiete:
Geowissenschaften
Meer / Klima
Umwelt / Ökologie

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.mpimet.mpg.de/aktuelles/single-news/article/welche-emissionen-koennen-wir-uns-noch-erlauben-um-die-globale-erwaermung-auf-maximal-2c-zu-begrenze.html - gesamte Pressemitteilung

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
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Abbildungen 1a und 1b - detailierte Beschreibung im Text




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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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