Freitag, 23. Juli 2010

--->> Die Misere mit dem deutschen Gesundheitssystem <<-- (jjahnke.net)


global news wb18.41 22-07-10:

Die Misere mit dem deutschen Gesundheitssystem
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Das deutsche Gesundheitssystem krankt seit langem an finanzieller Schwindsucht. Eine der Spitzen dieses Eisbergs ist die ständige politische Reformdebatte, aus der bisher im Wesentlichen nur Beitragserhöhungen für die Betroffenen herauskommen und neuerdings unsoziale Zusatzbeiträge der Kassen, die auf die Einkommensverhältnisse keine Rücksicht mehr nehmen. Eine andere Spitze dieses Eisberges ist die zunehmende Schließung von Krankenhäusern.

Trotz einer erheblich alternden und damit auf mehr medizinische Betreuung angewiesenen Bevölkerung ist die Zahl der Kankenhausbetten seit 1998 um 12 % zurückgegangen, die Zahl der Krankenhäuser um etwa 8 % (Abb. 14195). Besonders die öffentlichen oder gemeinnützigen Krankenhäuser gehen zurück. Ihr Anteil an allen Krankenhäusern fiel seit 1992 von 85 % auf nur noch 69 % (Abb. 14196).



Dabei ist der Gesundheitszustand der Deutschen im westeuropäischen Vergleich eher schlecht. Mit 65 Jahren ist die Erwartung weiterer gesunder Lebensjahre am unteren Ende des Vergleichsfeldes (Abb. 15079, 15080). Der Anteil von Menschen mit langanhaltender Krankheit oder Gesundheitsproblemen ist hoch (Abb. 13793). Nur 73 % der Befragten halten ihre Gesundheit für gut, viel weniger als in den meisten Vergleichsländern (Abb. 13702).





Bei der Zahl der Krebserkrankungen kommt Deutschland nicht über einen Platz im Mittelfeld hinaus (Abb. 15206). Die psychischen Erkrankungen sind zu einem großen Problem geworden, worauf ein früherer Rundbrief bereits eingegangen ist.


Mit fast 11 % hat Deutschland einen der höchsten Anteile der Gesundheitskosten am Bruttoinlandsprodukt (Abb. 14243). Kostentreibend wirkt der hohe Anteil an Ausgaben für Arzneimittel (Abb. 14244). Offensichtlich gelingt es der Bundesregierung nicht, die pharmazeutische Industrie und die Apotheken ausreichend zu kontrollieren.



Hinzu kommt der starke Anstieg der praktizierenden Ärzte pro Kopf der Bevölkerung um mehr als ein Viertel zwischen 1991 und 2006 (Abb. 14245). Das treibt die Kosten, zumal die Ärzte ihre Kostenforderung relativ gut durchsetzen konnten. Nach Daten, die dem Handelsblatt vorliegen, lagen die Honorare in den ersten drei Quartalen 2009 im Durchschnitt um 11,3 Prozent über dem Niveau des Vergleichszeitraums 2007. Gegenüber dem Vorjahr ergibt sich immer noch ein Plus von 6,1 Prozent. Grund für die deutlichen Zuwächse ist die ab 2008 schrittweise in Kraft gesetzte Honorarreform. Nach einer Prognose des Spitzenverbands der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) wird das durchschnittliche Gesamteinkommen von 142.000 Euro in 2007 bis zum Jahresende auf 164.000 Euro steigen. Darin sind Honorare für Privatpatienten noch nicht enthalten - ein Anstieg um fast 16 % in einer Zeit, in der die Arbeitnehmereinkommen kaum zunehmen.


Seit 1991 sind die Gesundheitskosten der Gesetzlichen Krankenkassen, vor allem bei den Arzneimitteln aber auch bei den Ärzten in einem ständigen Anstieg begriffen; ebenso stiegen die Beitragssätze von einst 12 % auf fast 15 % (Abb. 14246).


Gleichzeitig wurde das Gesundheitssystem auch von den Kosten her immer mehr privatisiert. Der Anteil der öffentlichen an den gesamten Gesundheitsausgaben fiel von 81,3 % 1992 auf nur noch 76,8 % in 2008 (Abb. 14247). Diese Entwicklung war stärker als in anderen Ländern.


Aufällig ist besonders der Unterschied zu Großbritannien. Dort gilt National Health, dessen Leistungen auch noch der Premierminister in Anspruch nimmt. Die Ärzte sind in Rahmen von National Health staatlich angestellt, verdienen viel weniger und haben keine Privatpatienten, bei denen sie sich bedienen können. Die Medikamente werden staatlich in großen Stückzahlen eingekauft und über die Apotheken verteilt, was ebenfalls Kosten spart. Das Land braucht im Ergebnis nur 8,5 % seiner Wirtschaftsleistung für Gesundheitskosten zu berappen gegenüber 10,5 % für Deutschland. Natürlich hat National Health auch Schwächen im Vergleich zu Deutschland, z.B. in der Ausstattung mit Krankenhäusern. Aber es gibt nicht den andauernden Kampf um die Kassenbeiträge wie bei uns und keine Systemdiskussion.

Noch ein Wort zur jetzt von der Bundesregierung beschlossenen Kopfprämie. Die ist nun nach oben unbegrenzt. Doch soll sie sozial von einem Sozialausgleich abgefedert werden. Der ist bisher vorgesehen, wenn die Rösler-Prämie 2 % der Rente oder des Lohns übersteigt, indem dann der reguläre Arbeitnehmerbeitrag entsprechend abgesenkt wird und sich damit maximal eine Belastung von derzeit 10,2 % (statt bisher 8,2 %) von Lohn oder Rente ergibt. Die durch den Sozialausgleich beim Gesundheitsfonds entstehenden Einnahmeausfälle sollen vom Bund aus Steuermitteln erstattet werden.

Doch wie lange kann das bei steigenden Gesundheitskosten gutgehen? Im Schnitt sind die Ausgaben der GKV in der Vergangenheit um jährlich rund 4 % gestiegen, die Einnahmen blieben mit einem Zuwachs von jahresdurchschnittlich etwa 1,5 % deutlich dahinter zurück. Schreibt man diese Entwicklung für die Zukunft fort, wofür das Ausbleiben struktureller Reformen auf der Ausgabenseite sowie die Weigerung der Koalition, die Einnahmebasis der GKV zu verbreitern (Stichwort Bürgerversicherung), sprechen, so öffnet sich in den kommenden Jahren die Schere zwischen Fondseinnahmen und GKV-Ausgaben immer mehr. Dieses kontinuierlich steigende Defizit wäre alleine über eine immer höher ausfallende Kopfpauschale zu decken. Röslers Prämie von maximal 16 Euro bis zum Jahre 2014 stiege dann bis zum Jahre 2030 auf 234 Euro monatlich. Der Bund wäre dann wahrscheinlich auch nicht mehr zum vollen Sozialausgleich aus Haushaltsmitteln bereit. Das ist die unsoziale Wahrheit der Aufkündigung eines solidarischen Gesundheitssystems. Mehr dazu in einer Untersuchung der Arbeitnehmerkammer Bremen hier.

global news wb07.20 06-05-10: ...

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