Samstag, 22. Mai 2010

"Schwarz-gelb rückstansfrei entsorgen" Interview mit Sven Giegold (Tagesspiegel )

 


Interview

"Schwarz-Gelb rückstandsfrei entsorgen"

Sven Giegold (40) ist Europaabgeordneter der Grünen.

Der Attac-Aktivist gehört neben Katja Kipping und Andrea Ypsilanti zu den Vorstandssprechern des Instituts Solidarische Moderne.

Mit dem Tagesspiegel sprcht er über linke Perspektiven.

Sven Giegold - dpa
Herr Giegold, in Nordrhein-Westfalen schließen die Grünen auch ein Bündnis mit der CDU nicht aus. Ärgert sie dieses Signal?

Das Land NRW steckt in tiefen strukturellen Schwierigkeiten. Die Politik muss sich dem stellen, dazu ist die NRW-Linke bisher leider nicht bereit. Der Lieblingspartner für uns ist und bleibt die SPD. Soll Rot-Rot-Grün in Düsseldorf eine Chance bekommen, muss die Linkspartei lernen, sich an den finanziellen Realitäten im Land zu orientieren.

Werden die Perspektiven für Rot-Rot-Grün mit dem Rückzug von Oskar Lafontaine aus der Bundespolitik besser?

Auf jeden Fall. Derzeit sind die Konflikte zwischen SPD und Linkspartei das Hauptproblem für die Zusammenarbeit. Wenn sich das jetzt entspannt, ist das nur positiv. Viele Bürgerinnen und Bürger wünschen sich eine klare Alternative zum neoliberalen Durchregieren von Schwarz- Gelb.

Sie haben mit Vertretern von SPD und Linken, aber auch aus der Zivilgesellschaft das Institut Solidarische Moderne aus der Taufe gehoben, das die Chancen für ein Bündnis ausloten soll. Leisten Sie Vorarbeit für Ihre Parteichefs?

800 Leute sind innerhalb einer Woche Mitglied unseres Instituts geworden, 4500 haben den Newsletter abonniert. An diesem Ansturm zeigt sich der Wunsch nach neuen gesellschaftlichen Mehrheiten. Die Partei- und Fraktionsspitzen von SPD, Grünen und Linken haben das verschlafen. Sie verzetteln sich im Streit um die relativ kleinen Unterschiede. Der Zuspruch für unser Institut sollten ihnen ein Weckruf sein.

Wo gibt es die größten Reibungsflächen zwischen Grünen und Linkspartei?

Die Position der Linken, selbst friedenserhaltende UN-Auslandseinsätze abzulehnen, geht für uns nicht. Zweitens hat die Linkspartei bei Ausgabenwünschen immer wieder Schwierigkeiten mit den Grundrechenarten. Und drittens bleibt die nicht glaubwürdig aufgearbeitete SED-Geschichte ein Problem. Über solche Differenzen müssen wir sprechen. Nur dann können wir sie überbrücken. Umgekehrt haben wir Grünen auch unsere Päckchen zu tragen.

Gibt es im Land eine Stimmung für ein rot- rot-grünes Bündnis?

Die Bevölkerung hat in rekordverdächtig kurzer Zeit die Nase voll von der schwarz-gelben Regierung. Die klare Alternative, der die Bürger die Lösung der Probleme wirklich zutrauen, fehlt aber noch. Das ist eine gemeinsame Aufgabe der drei Parteien und der kritischen Zivilgesellschaft.

Ihr Institut ist nicht das einzige rot-rot- grüne Netzwerk. Bereits seit gut einem Jahr treffen sich regelmäßig jüngere Bundestagsabgeordnete der drei Parteien. Gibt es Konkurrenz?

Im Gegenteil, das finde ich sehr gut. Die Oslo-Gruppe im Bundestag ist weiter als die Führungen der drei Fraktionen. Die Oppositionsarbeit im Parlament muss endlich mit der Perspektive organisiert werden, Schwarz-Gelb ordnungsgemäß und rückstandsfrei zu entsorgen.

Das Gespräch führte Matthias Meisner.

(Erschienen im gedruckten Tagesspiegel vom 25.02.2010)

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