Mittwoch, 12. Mai 2010

--->>> Folter - vom Tabu zum Instrument der Gefahrenabwehr?<<<--- (idw)


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
VolkswagenStiftung, Jens Rehländer, 12.05.2010 15:21

Folter – vom Tabu zum Instrument der Gefahrenabwehr?

Zweites Herrenhäuser Gespräch am 17. Mai mit brisantem Thema


Kehrt die Folter in unseren Alltag zurück? Diese Frage steht am
Montag, 17. Mai, 19 Uhr, im Zentrum des zweiten Herrenhäuser
Gesprächs. In der Schlossküche diskutieren die Publizistin Dr. Carolin
Emcke, der Jurist Prof. Dr. Karsten Altenhain und der
Literaturwissenschaftler Prof. Dr. Thomas Weitin; Stephan Lohr von NDR
Kultur moderiert. Die Aufzeichnung des Gesprächs wird am Sonntag, 30.
Mai, von 20.00 bis 22.00 Uhr auf NDR Kultur gesendet.

Dr. Carolin Emcke, die als Auslandsreporterin viele Krisengebiete aus
eigener Anschauung kennt, macht in einem Statement ihre Haltung vorab
deutlich: "Die Folter ist vielleicht nicht in 'unseren Alltag'
zurückgekehrt – weil ja nicht jeder von uns alltäglich Opfer von
Gewalt und Folter geworden ist –, aber mit dem 'Krieg gegen den
Terror' ist Folter auf einmal als vermeintliches Instrument der
Gefahren-Abwehr wieder hoffähig geworden. Während die Bilder von den
Misshandlungen der Gefangenen in Abu Ghureib noch für Entsetzen und
Empörung sorgen, scheint bei den Bildern der Gefangenen in Guantanamo
schon die Gewöhnung eingesetzt zu haben. Rechtfertigungs-Strategien
für Folter sind wieder üblich geworden. Und auch die ausbleibenden
Strafen für Folter, ob in Bagram, Afghanistan, oder in unzähligen
geheimen Gefängnissen weltweit scheinen eine Abnutzung des Tabus der
Folter leider traurig zu belegen."

Die beiden weiteren Gesprächspartner von Stephan Lohr sind über ihre
aktuelle Forschung mit dem Thema Folter verbunden. Der Konstanzer
Literaturwissenschaftler Professor Dr. Thomas Weitin analysiert
gemeinsam mit Rechtswissenschaftlern in Münster, wie sich
Gesellschaften durch ihr Verhältnis zur Gewalt definieren; das Projekt
mit dem Titel "Wahrheit und Gewalt. Der Diskurs der Folter" wird von
der VolkswagenStiftung gefördert. Professor Weitin: "Die Rückkehr der
Folter hat entscheidend mit ökonomischen Kalkülen der Rechtfertigung
zu tun, die in allen gesellschaftlichen Bereichen breite Akzeptanz
finden und somit auch das gesellschaftliche Gewaltverhältnis
bestimmen. Das Leitmedium der Gewaltgewöhnung ist heute nicht mehr die
Literatur oder das Kino, sondern die Fernsehserie."

Die Darstellung von Folter in den Medien, vor allem in Film und
Fernsehen, beschäftigt auch Professor Dr. Karsten Altenhain von der
Universität Düsseldorf. Der Straf- und Medienrechtler kooperiert in
einem Forschungsvorhaben mit dem Titel "Die Wiederkehr der Folter?
Interdisziplinäre Studie über eine extreme Form von Gewalt, ihre
mediale Darstellung und Ächtung" mit Medienwissenschaftlern und
Medizinern/Psychotherapeuten. In dem ebenfalls von der Stiftung
geförderten Projekt geht es unter anderem um die sogenannte Rettungs-
oder Präventivfolter, die in Deutschland heiß diskutiert wurde, als
die Polizei im Entführungsfall Metzler dem Täter mit Gewaltanwendung
drohte. Professor Altenhain zum Thema des Herrenhäuser Gesprächs:
"Folter kehrt nicht wieder, da sie nie verschwunden war. Sie wird
sichtbarer. Sie bedient sich anderer Formen und hat andere Funktionen,
und es wird versucht, sie im Mantel der Rettungsfolter salonfähig zu
machen."

Anmeldung erbeten unter <herrenhaeusergespraeche@ndr.de>

Termin und Veranstaltungsort
17. Mai 2010, 19.00 Uhr
Restaurant Schlossküche Herrenhausen, Alte Herrenhäuser Straße 3,
30419 Hannover

Sendung
30. Mai, 20.00 Uhr, NDR Kultur

Die Herrenhäuser Gespräche

Die VolkswagenStiftung und NDR Kultur präsentieren in der neuen
Veranstaltungsreihe "Herrenhäuser Gespräche" aktuelle Themen aus
Wissenschaft und Kultur, die unsere Gesellschaft bewegen. Herrenhausen
soll über die Grenzen der Stadt Hannover hinaus als ein Ort des
intellektuellen Diskurses erfahrbar werden. Die Herrenhäuser Gespräche
bilden den Auftakt verschiedener, überwiegend wissenschaftlich
orientierter Reihen, die die VolkswagenStiftung langfristig im wieder
zu errichtenden Schloss Herrenhausen etablieren möchte. Im Jahr 2010
wird es drei weitere Herrenhäuser Gespräche in der Schlossküche geben.

Der nächste Termin:

1. Juli 2010:  "Wer sein Gehirn dopt, ist klar im Vorteil?"
Einführung: Prof. Dr. Thomas Metzinger, Leiter des Arbeitsbereiches
Theoretische Philosophie, Universität Mainz

Podium: Prof. Dr. Isabella Heuser, Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie der Charité, Berlin; Dr. Felix Hasler, Psychiatry,
Neuropsychopharmacology and Brain Imaging, Universitätskrankenhaus
Zürich; Prof. Dr. Klaus Lieb, Klinik für Psychiatrie und
Psychotherapie, Universitätsmedizin Mainz, und Prof. Dr. Reinhard
Merkel, Fakultät für Rechtswissenschaft, Universität Hamburg.

Kontakt VolkswagenStiftung

Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Jens Rehländer
Telefon: 0511 8381 – 380
E-Mail: <
presse@volkswagenstiftung.de>

Veranstaltungsmanagement
Katja Ebeling
Telefon: 0511 8381 – 284
E-Mail: <
ebeling@volkswagenstiftung.de>

Die Presseinformation und Bildmaterial stehen im Internet zur
Verfügung unter
<
http://www.volkswagenstiftung.de/service/presse.html?datum=20100512>

Arten der Pressemitteilung:
Buntes aus der Wissenschaft
Forschungsprojekte

Sachgebiete:
Gesellschaft
Kulturwissenschaften
Politik
Recht
Sprache / Literatur


Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news369342

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution458

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