Montag, 10. Mai 2010

--->>> Die ambulante Benadlung der Tabaksucht <<<--- (Suchttherapie 2009)


Suchttherapie 2008; 9
DOI: 10.1055/s-0028-1117335

 

Die ambulante Behandlung der Tabaksucht

J Gölz 1
1 Praxis Kaiserdamm Berlin

In der BRD rauchen 26,7% der über 15-jährigen Zigaretten. 85% von ihnen sind als nikotinabhängig zu qualifizieren. Da der Entzug von Nikotin ohne gefährliche medizinische Effekte abläuft ist die Nikotinentwöhnung eine Domäne der ambulanten Medizin. Obwohl die Abhängigkeit vom Tabaktyp sowohl im DSM als auch im ICD eindeutig als Krankheit definiert sind, wird eine evidenzbasierte Therapie bisher nicht finanziert: Der GBA qualifiziert die medikamentösen Mittel zur Rauchentwöhnung als nicht zu Lasten der Kassen verordnungsfähige Lifestyle-Medikamente. Die Kassen selbst halten die Rauchentwöhnung für eine nebenbei zu erledigende Aufgabe der niedergelassenen Ärzte, die "schon durch die bestehende Pauschalen vergütet wird". Der Versuch sich vom Nikotin zu entwöhnen ist nicht von mehr Erfolg gekrönt, als die Entwöhnung von Heroin. Die Therapie von Erkrankungen mit wenig Erfolgsaussicht ist bei Ärzten prinzipiell unbeliebt. Zwar halten 90% der Hausärzte die Tabakentwöhnung für ein wichtiges ärztliches Aufgabenfeld, 77% machen aber keine Raucherberatung wegen einer fehlenden Honorierung. Solange also weder erleichternde Medikamente noch zeitaufwendige Therapien von den Kassen nicht bezahlt werden wird sich daran nichts ändern. Wir haben eine groteske Situation: politisch ist ein maximalen Schutz der Nichtraucher vor dem Rauchen durchgesetzt. Gleichzeitig wird durch verschiedene Maßnahmen die Nachfrage nach Tabak stark eingeschränkt. Die Raucher selbst bleiben mit ihrer Abhängigkeit allein.

Soziale, psychologische und neurobiologische Komponenten bestimmen die Nikotinabhängigkeit. Spontane Versuch der Nikotinentwöhnung sind mit 1-6% nach einem Jahr erfolgreich. Entwöhnungen mit professioneller Hilfe zeigen Abstinenzraten von 20-40% nach einem Jahr. Damit liegt die Erfolgsrate der Nikotinentwöhnung im Bereich der Entwöhnung bei anderen Rauschmitteln.

Es haben sich vor allem Therapieansätze etabliert, die alle drei Gesichtspunkte berücksichtigen. Dies geschieht bei der Kombination aus Verhaltenstherapie, sozialer Unterstützung durch Familie, Freunde und Kollegen und durch die Gabe von Nikotinersatzmitteln oder der Nikotinrezeptorblockade.

Verhaltenstherapeutisch werden motivationsfördernde Maßnahmen kombiniert mit Selbstkontrolltechniken in Risikosituationen und dem Aufbau von Alternativerhalten.

Verschiedene Zubereitungen von Nikotin können ausschleichend zur Milderung der Entzugssymptome angewendet werden. Eine neue medikamentöse Form zur Unterstützung der Abstinenzbemühung ist die Blockade der Nikotinrezeptoren im Gehirn. Der agonistische Effekt der Substanz befriedigt die Empfindungen bei der Nikotinzufuhr. Gleichzeitig sind die Rezeptoren besetzt, so dass der Konsum einer Zigarette weniger Genuss bietet. Eine Fülle anderer Therapieformen (Hypnose, Akupunktur, Autogenes Training und Aversionstherapien) haben sich - sofern überhaupt untersucht - als nicht wirksam erwiesen.

Es bleibt zu hoffen, dass die Übernahme der Therapiekosten bei der Nikotinabhängigkeit nicht ebenso lange dauert wie früher bei der Alkoholabhängigkeit.


Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

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