Montag, 26. April 2010

--->>> Genussraucher, Gelegenheitsraucher oder Kettenraucher - die Gene im Kopf geben den Takt vor <<<---


Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald, Constanze Steinke,
25.04.2010 19:00

Genussraucher, Gelegenheitsraucher oder Kettenraucher -

die Gene im Kopf geben den Takt vor

Erblicher Einfluss auf das Rauchverhalten erstmals in den
Nikotinrezeptoren nachgewiesen


Das soziale Umfeld gibt in der Regel vor, ob junge Menschen den Weg
zum Raucher einschlagen. Der Griff zur ersten Zigarette hängt also in
hohem Maße vom Elternhaus, den Freunden und der beruflichen Situation
ab. Mit Beginn des Nikotinkonsums übernimmt aber offensichtlich der
Körper eine Dirigentenrolle.

Ob Jugendliche zu Genussrauchern, Gelegenheitsrauchern oder auch
Kettenrauchern mit besonders hohem Suchtpotenzial werden, steuern die Gene.

Einem internationalen Forschungskonsortium mit Greifswalder
Wissenschaftlern ist es gelungen, eine genetische Veranlagung der
Abhängigkeit und des Rauchverhaltens in den Nikotinrezeptoren
nachzuweisen. Die Ergebnisse wurden in der aktuellen Ausgabe des
Wissenschaftsjournals Nature Genetics* veröffentlicht.

Die Studie unter Koordination von Wissenschaftlern der Oxford
University bestätigt damit jüngste Forschungsansätze, dass die Art und
Weise des Rauchens mit erblich bedingt ist. Weltweit wurden 41.150
Menschen aus 20 Bevölkerungsgruppen untersucht, darunter 4.000
Probanden aus der SHIP-Studie (Study of Health in Pomerania) des
Forschungsverbundes Community Medicine. An der Studie waren die Klinik
für Psychiatrie und Psychotherapie, die Institute für Funktionelle
Genomforschung, für Epidemiologie und Sozialmedizin sowie für
Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin und das Institut für
Community Medicine der Universität Greifswald beteiligt.

Der wesentliche Suchtstoff von Zigaretten, nämlich Nikotin, entfaltet
im Gehirn innerhalb kürzester Zeit seine stimulierenden Effekte wie
die Erhöhung von Aufmerksamkeit, Konzentration und kreativem Denken
bei gleichzeitiger Beruhigung und Steigerung des Wohlbefindens über
die Aktivierung von so genannten Nikotinrezeptoren. Diese befinden
sich im Gehirn, nehmen die Suchtstoffe unmittelbar auf und setzen
anschließend zügig "Glückshormone" wie die Neurobotenstoffe Dopamin
und Serotonin frei.

"In der Tat konnte in dieser Studie nun erstmals
nachgewiesen werden, dass die Anzahl der gerauchten Zigaretten pro Tag
durch bestimmte Variationen in exakt diesen Genen der
Nikotinrezeptoren beeinflusst wird", erläuterte der Greifswalder
Wissenschaftler Prof. Hans-Jörgen Grabe (43/Foto).

Bislang sei man vor allem davon ausgegangen, dass das Suchtverhalten durch einen
unterschiedlichen Abbau von Nikotin durch Enzyme in der Leber beeinflusst wird.

"Die aktuellen Befunde waren über alle Untersuchungsgruppen hoch
signifikant nachweisbar", betonte Grabe.

Die unterschiedliche genetische Veranlagung war dafür verantwortlich, wie viele
Zigaretten am Tag durchschnittlich konsumiert wurden.

Die Forschungsergebnisse können dazu beitragen, schneller Medikamente zu entwickeln,
die gezielt diese Wirkmechanismen direkt an den Rezeptoren im Gehirn
aufgreifen und die Suchtanfälligkeit vermindern.

Rauchen stellt weltweit die Hauptursache für vermeidbare Ursachen von
schwerwiegenden Erkrankungen wie Krebs, Herzinfarkte und
Gefäßerkrankungen dar. Weit mehr als eine Milliarde Menschen auf der
Welt rauchen, Tendenz steigend.

"Der Beginn des Rauchens ist jedoch vielmehr von psychosozialen als von genetischen
Faktoren abhängig. Dies bedeutet, dass der primären Raucherprävention auf jeden
Fall die größere Bedeutung zukommt, um zukünftig die fatalen gesundheitlichen
Folgen des Rauchens effektiver einzudämmen", so Grabe abschließend.

*Nature Genetics, published online April 25, 2010
Meta-analysis and imputation refines the association of 15q25 with
smoking quantity
DOI: 10.1038/ng.572 (<
http://dx.doi.org>)

140.000 Raucheropfer jedes Jahr in Deutschland

Pro Jahr sterben etwa sechs Millionen Menschen an den Folgen des
Tabakkonsums, davon 140.000 in Deutschland. Die wirtschaftlichen
Schäden belaufen sich global nach aktuellen Schätzungen auf eine halbe
Billion Dollar jährlich. Rauchen ist die größte Einzelursache für
Erkrankungen und vorzeitige Todesfälle in Europa. Raucher altern
darüber hinaus generell schneller als Nicht-Raucher und verkürzen ihre
Lebenserwartung um durchschnittlich sieben bis acht Jahre. Während in
den modernen Industrienationen aufgrund von Antiraucherkampagnen von
einem weiteren Rückgang an Rauchern ausgegangen wird, steigen die
Zahlen in den Entwicklungsländern rasant an.
Quellen: Welt-Tabak-Atlas 2009 (<
www.tabakkontrolle.de>) und <www
.lungenaerzte-im-netz.de>

Forschungsschwerpunkt Nikotinmissbrauch

Die wirksame Aufklärung über die nachhaltigen Risiken der Nikotinsucht
ist eines der Schwerpunktthemen am Institut für Epidemiologie und
Sozialmedizin der Universität Greifswald. Derzeit laufen mehrere
Forschungsprojekte, die sich mit den Folgen des Rauchens in bestimmten
Gesellschaftsgruppen befassen und eine verbesserte Aufklärungsarbeit
zum Ziel haben. Das betrifft beispielsweise den Nikotinkonsum während
der Schwangerschaft, nach der Geburt, im jugendlichen Alter und bei
Frauen, die Hormonpräparate zur Schwangerschaftsverhütung nehmen. Die
vorliegende Studie ist die erste interdisziplinäre Zusammenarbeit im
Bereich der Individualisierten Medizin.

Weitere Informationen
NATURE: <
http://www.nature.com/ng/index.html>
SHIP: <
http://www.medizin.uni-greifswald.de/cm/fv/ship.html>
GANI_MED: <
www.gani-med.de>

Universitätsklinikum Greifswald
Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie
Ltd. Oberarzt: Prof. Dr. med. Hans-Jörgen Grabe
Rostocker Chaussee 70, 17437 Stralsund
T +49 3831-45 21 00
Ellernholzstraße 1 - 2, 17475 Greifswald
T +49 3834 86-68 93
E
grabeh@uni-greifswald.de
<www.klinikum.uni-greifswald.de>

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Wissenschaftliche Publikationen

Sachgebiete:
Biologie
Ernährung / Gesundheit / Pflege
Gesellschaft
Medizin

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image114295
Prof. Dr. med. Hans-Jörgen Grabe


Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news366002

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution65

Posted via email from 01159 Dresden Löbtau-Süd und Umgebung

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen