Freitag, 26. März 2010

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Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung

Friedrich-Schiller-Universität Jena, Dr. Ute Schönfelder, 26.03.2010
11:44

Worte fügen Schmerzen zu

Psychologen der Universität Jena zeigen, dass verbale Reize unser
Schmerzgedächtnis aktivieren

Jena (26.03.10) "Achtung, jetzt piekst es gleich." Nicht nur Kindern,
auch vielen Erwachsenen wird nach dieser Ankündigung beim Arzt
ziemlich mulmig. Und sobald die Nadel der Spritze die Haut berührt,
ist der stechende Schmerz auch schon deutlich zu spüren. "Nach einer
solchen Erfahrung reicht es dann bei der nächsten Impfung schon aus,
sich allein das Bild der Nadel ins Gedächtnis zu rufen, um unser
Schmerzgedächtnis zu aktivieren", weiß Prof. Dr. Thomas Weiß von der
Friedrich-Schiller-Universität Jena.


Wie der Psychologe und sein Team jetzt erstmals in einer Studie zeigen
konnten, sind es jedoch nicht nur schmerzhafte Erfahrungen und
Assoziationen, die unser Schmerzgedächtnis alarmieren. "Auch verbale
Reize führen in den entsprechenden Hirnarealen zu einer Aktivierung",
so Prof. Weiß. Sobald wir Worte hören wie "quälend", "zermürbend" oder
"plagend", werden im Gehirn genau die Regionen aktiviert, in denen wir
Schmerzen verarbeiten. Das konnten die Psychologen der Uni Jena mit
Hilfe der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) beobachten. In
ihrer Studie haben sie untersucht, wie gesunde Probanden Worte
verarbeiten, die mit dem Empfinden von Schmerzen assoziiert sind. Um
auszuschließen, dass die beobachteten Reaktionen allein auf einem
negativen Affekt beruhen, bekamen die Studienteilnehmer neben den
Schmerz-Worten auch andere negativ besetzte Worte - etwa
"angsteinflößend", "widerlich" oder "eklig" - zu hören.

"Wir haben unseren Probanden dabei zwei Aufgaben gestellt", erläutert
Maria Richter, Doktorandin in Weiß' Arbeitsgruppe. "In einem ersten
Versuch ging es darum, dass sich die Versuchspersonen zu den Worten
eine entsprechende schmerzhafte Situation vorstellen", so die Jenaer
Psychologin. Bei der zweiten Aufgabe hörten die Probanden die Worte,
während sie durch eine Denkaufgabe abgelenkt wurden. "In beiden Fällen
haben wir eine deutliche Aktivierung der Schmerzmatrix im Gehirn durch
die schmerz-assoziierten Worte festgestellt", so Maria Richter. Andere
negativ besetzte Worte aktivierten diese Regionen dagegen nicht. Auch
bei neutralen und positiv besetzen Worten ließen sich keine
vergleichbaren Aktivitätsmuster feststellen.

"Diese Befunde zeigen, dass allein schon Worte unser Schmerzgedächtnis
aktivieren können", macht Prof. Weiß deutlich. Dass wir schmerzhafte
Erfahrungen in unserem Schmerzgedächtnis speichern, sei biologisch
sinnvoll, da es uns ermöglicht, schmerzenden Erlebnissen, die
potenziell eine Bedrohung für Leib und Leben sind, künftig aus dem
Wege zu gehen. "Unsere Ergebnisse legen jedoch zusätzlich nahe, dass
verbalen Reizen eine bisher unterschätzte Bedeutung zukommt", so Weiß.
So stellt sich für die Psychologen nun vor allem die Frage, welche
Rolle die verbale Auseinandersetzung mit Schmerzen für Patienten mit
chronischen Schmerzen spielt. "Diese Patienten sprechen sehr häufig
über ihr Schmerzempfinden, etwa mit ihrem behandelnden Arzt oder dem
Physiotherapeuten", sagt Maria Richter. Möglicherweise verstärkten
diese Gespräche die Aktivität der Schmerzmatrix im Gehirn und führten
so zu einer Verstärkung der empfundenen Schmerzen. Dies wollen die
Psychologen der Jenaer Universität nun in einer weiteren Studie
klären.

Und bis diese Ergebnisse vorliegen, könne es jedenfalls nichts
schaden, nicht zu häufig über Schmerzen zu reden. Dann ist vielleicht
auch die nächste Spritze nicht mehr so schmerzhaft.

Kontakt:
Prof. Dr. Thomas Weiß
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Am Steiger 3 / Haus 1
07743 Jena
Tel.: 03641 / 945143
E-Mail: thomas.weiss[at]uni-jena.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse

Sachgebiete:
Medizin
Psychologie

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.uni-jena.de

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image112486
Prof. Dr. Thomas Weiß und Doktorandin Maria Richter von der Uni Jena  untersuchen, wie schmerz-assoziierte Worte im Gehirn verarbeitet werden.


Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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