Mittwoch, 31. März 2010

[idw] Göttinger Jurist schreibt Doktorarbeit zu Legalisierung von Product Placement im TV

Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung
Georg-August-Universität Göttingen, Dr. Bernd Ebeling, 30.03.2010
14:09

Göttinger Jurist schreibt Doktorarbeit zu Legalisierung von Product
Placement im TV

Product Placement - das ist die geschickte Platzierung bestimmter
Waren, beispielsweise in Kinofilmen. Sportwagen, Armbanduhren und
andere Konsumgüter werden auf diese Weise seit Jahrzehnten
werbewirksam in Szene gesetzt. Im deutschen Fernsehen war diese Art
der Produktwerbung bislang verboten. Doch ab dem 1. April 2010 wird
Product Placement in bestimmten TV-Formaten legalisiert. Was das
bedeutet, hat der Göttinger Jurist Jannis Müller-Rüster in seiner
Dissertation "Product Placement im Fernsehen" untersucht.

Pressemitteilung
Nr. 69/2010 - 30. März 2010

Ab April neue Regelungen zu Product Placement im Fernsehen
Göttinger Jurist schreibt Doktorarbeit über Legalisierung der
"Produktplatzierung"

Product Placement - das ist die geschickte Platzierung bestimmter
Waren, beispielsweise in Kinofilmen. Sportwagen, Armbanduhren und
andere Konsumgüter werden auf diese Weise seit Jahrzehnten
werbewirksam in Szene gesetzt. Die Werbebranche erhofft sich durch
diese Verknüpfung von Handlung und Produkt positive Effekte. Im
deutschen Fernsehen war diese Art der Produktwerbung bislang verboten.
Hintergrund war das im Rundfunkstaatsvertrag festgeschriebene Verbot
der Schleichwerbung. Doch ab dem 1. April 2010 wird Product Placement
in bestimmten TV-Formaten durch eine Änderung des Vertrags
legalisiert. Die Auswirkungen dieser Legalisierung hat der Göttinger
Jurist Jannis Müller-Rüster in seiner Dissertation "Product Placement
im Fernsehen" untersucht.

Mit dem geänderten Rundfunkstaatsvertrag setzen die für die
Rundfunkgesetzgebung zuständigen Bundesländer eine EU-Richtlinie aus
dem Jahr 2007 um, mit der die EU bestimmte Mindestvoraussetzungen für
den Einsatz von Product Placement vorgibt, um gleiche
Wettbewerbsbedingungen zu schaffen. Durch diese Legalisierung fällt
ein elementarer Teil des bisherigen Rundfunkrechts weg - die strikte
Trennung von Werbung und Programm. Diese Änderung beurteilt
Müller-Rüster kritisch: "Die Zulassung von Product Placement steht mit
dem Ziel der Meinungsvielfalt und der freien Meinungsbildung in
Konflikt. Sie fördert die Ausweitung von Kooperationen zwischen
Werbewirtschaft und Programmverantwortlichen und begünstigt dadurch
eine direkte Beeinflussung der Programminhalte", so der
Rechtswissenschaftler. "Es besteht die Gefahr, dass die
Produktplatzierung von den Zuschauern trotz Kennzeichnung nicht als
Werbung erkannt, sondern mit redaktionellen Inhalten verwechselt
wird", betont der Jurist. In seiner Dissertation untersucht
Müller-Rüster das Phänomen Product Placement zunächst aus
wirtschaftlicher und werbepsychologischer Sicht und vergleicht die
alte Rechtslage mit der neuen. Dabei arbeitet er die wesentlichen
Neuerungen heraus und spricht Fragen der Auslegung und Schwachpunkte
der Regelung an. Zudem werden die Vorschriften zum Product Placement
einer kritischen Analyse im Hinblick auf die Rundfunkfreiheit
unterzogen.

Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, die
Landesmedienanstalten und zahlreiche Journalistenverbände haben sich
gegen eine Legalisierung des Product Placement ausgesprochen. Auch die
Presse steht einer Ausweitung der Werbemöglichkeiten im Fernsehen
kritisch gegenüber. Beanstandet wurden insbesondere die
Beeinträchtigung der redaktionellen Unabhängigkeit der
Programmverantwortlichen und eine mögliche Irreführung der Zuschauer.
Die Länder haben daher strenge Auflagen vorgesehen. Insbesondere im
öffentlich-rechtlichen Rundfunk ist bezahltes Product Placement
weiterhin verboten, wenn die Rundfunkanstalten direkt oder indirekt an
der Produktion einer Sendung beteiligt sind. Nur in Kinofilmen,
Filmen, Serien, leichter Unterhaltung oder in Sportsendungen ist die
Produktplatzierung ab April zulässig. Private Fernsehsender können
dagegen auch in selbstproduzierten Sendungen Product Placement gegen
Entgelt vereinbaren und damit direkt von den Einnahmen profitieren.
Als Grundregel gilt jedoch, dass die redaktionelle Verantwortung und
Unabhängigkeit der Rundfunkveranstalter im Hinblick auf Inhalte und
Sendeplatz durch Vereinbarungen zur Produktplatzierung nicht
beeinträchtig werden dürfen. Zur Information der Zuschauer ist zudem
eine eindeutige Kennzeichnung des Product Placement im Vor- und
Abspann der Sendung sowie nach jeder Werbeunterbrechung gesetzlich
vorgeschrieben.

Trotz dieser Maßnahmen erwartet Müller-Rüster eine Fortsetzung der
medienpolitischen und juristischen Debatte und zieht eine negative
Bilanz der anstehenden Legalisierung: "Der gesetzliche Schutz der
redaktionellen Unabhängigkeit wird drastisch reduziert. Die
Kommunikationstransparenz und das Vertrauen der Zuschauer in die
Objektivität des Programms werden beeinträchtigt. Demgegenüber
erscheinen die positiven Effekte für die Rundfunk-finanzierung eher
gering."

Jannis Müller-Rüster wurde an der Juristischen Fakultät der
Universität Göttingen promoviert. Die Dissertation "Product Placement
im Fernsehen" wurde von Prof. Dr. Christine Langenfeld, Lehrstuhl für
Öffentliches Recht und Dekanin der Juristischen Fakultät, betreut und
mit "Summa cum laude" bewertet. Die Arbeit wird voraussichtlich im Mai
im Tübinger Verlag Mohr Siebeck erscheinen.
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Hinweis an die Redaktionen:
Ein Foto von Jannis Müller-Rüster stellen wir Ihnen auf Anfrage gerne
zur Verfügung.

Kontaktadresse:
Dipl.-Jur. Jannis Müller-Rüster, MLE.
Telefon (0511) 37042347
E-Mail: mueller-ruester@gmx.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Wissenschaftliche Publikationen

Sachgebiete:
Gesellschaft
Medien- und Kommunikationswissenschaften
Politik
Recht
Wirtschaft

Die gesamte Pressemitteilung erhalten Sie unter:
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Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
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