Dienstag, 23. Februar 2010

[idw] Computergrafik leicht gemacht

Informationsdienst Wissenschaft - idw - Pressemitteilung

Max-Planck-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e.V., Barbara

Abrell, 23.02.2010 17:05

Computergrafik leicht gemacht

Schlaue Software-Programme helfen dabei, computeranimierten 3D-Filmen
schneller und einfacher als bisher eine reale Anmutung zu geben


Bisher war es eine Herausforderung in computeranimierten Filmen
realistische Reflexionen auf Objekte zu zaubern. Vor allem die
Nachbearbeitung war zeitraubend. Mit einer neuen Software aus dem Max-
Planck-Institut für Informatik in Saarbrücken ist das kinderleicht.
Aus denselben Labors stammt eine Software, mit der sich im
Handumdrehen dreidimensionale Abbildungen realer Objekte in virtuelle
Filmszenen einbauen lassen.


Wenn ein brillant blitzendes Auto durch einen Werbespot braust, durch
Straßenschluchten oder über gleißend hellen Wüstensand gleitet, dann
handelt es sich heute nur noch selten um ein Gefährt aus Stahl,
sondern meist um ein künstliches Abbild aus dem Computer. Denn wer
sein neustes Fahrzeugmodell in Szene setzen will, überlässt nichts dem
Zufall: Kein Fotoapparat, keine Filmkamera kann ein Auto so
idealisiert darstellen wie ein Computer, das Licht so schön über den
Lack fließen lassen. Zwar ist die Computeranimation im Film längst
Standard, doch noch immer stößt sie an ihre Grenzen - zum Beispiel,
wenn es darum geht, perfekte Reflexionen auf den Lack zu zaubern.
Thorsten Thormählen, Informatiker vom Max-Planck-Institut für
Informatik in Saarbrücken, ist Spezialist für solche Grenzfälle und
hat Methoden entwickelt, mit denen sich täuschend echte
Computergrafiken sehr viel einfacher und schneller erzeugen lassen als
bisher.


Zu den Verfahren, die er vom 2. bis zum 6. März auf der Computermesse
Cebit (Halle 9, Stand B 43) in Hannover vorstellen wird, gehört das
"Interactive Reflection Editing", eine Methode, mit der man in
Windeseile Lichtreflexe auf der Oberfläche virtueller Objekte
verändert. Bisher ist das ausgesprochen knifflig: Ein virtuelles
Objekt im Computer sieht nur dann überzeugend aus, wenn sich in seiner
Oberfläche Sonne und Umgebung spiegeln. Grafiker verwenden deshalb
viel Mühe darauf, realitätsnahe Spiegelungen in den Lack eines Autos,
die Scheiben oder die Scheinwerfer zu programmieren. Problematisch
wird es, wenn die Reflexionen zum Schluss noch einmal nachbearbeitet
werden müssen. Dann muss der Grafiker Stück für Stück die Lichtreflexe
aus der Grafik löschen und neu einzeichnen - ein zeitraubendes
Unterfangen.

Das von Thormählen gemeinsam mit seinen Kollegen Tobias Ritschel und
Makoto Okabe entwickelte "Interactive Reflection Editing"
automatisiert diese Arbeit. Es genügt, die Lichtreflexe in der Grafik
anzuklicken und mit der Computer-Maus zu verschieben, zu stauchen oder
zu dehnen, bis der Reflex an der gewünschten Stelle sitzt. Auch
störende Lichtpunkte kann man über den virtuellen Lack schubsen. Was
so einfach klingt, ist das Ergebnis eines leistungsstarken
mathematischen Verfahrens, sagt Thormählen. "Denn beim Verschieben
müssen in Bruchteilen von Sekunden die alte und neue Position vieler
Hundert Pixel gleichzeitig berechnet werden." Die Kunst bestand darin,
eine Rechenvorschrift zu entwickeln, die die Datenmenge bewältigt,
aber die Rechenkapazität des Computers nicht überfordert, damit das
Bild beim Bearbeiten nicht ins Stocken gerät. Thormählens Entwicklung
hat bereits bei einer der weltweit wichtigsten Computergrafik-Messen,
der Siggraph Asia in Japan, für Aufsehen gesorgt.


Wie auch ein anderes anspruchsvolles Projekt, mit dem sich Thormählen
beschäftigt hat - und dessen Lösung er ebenfalls in Hannover
vorstellt: der Übertragung eines realen Objekts in eine
computeranimierte Filmszene. Wer heute das Abbild eines realen Autos
in den Rechner übertragen will, greift zum sündhaft teuren
Laserscanner, der eine digitale Kopie des echten Gegenstands erzeugt.
Solche Scanner können sich nur wenige Filmproduzenten leisten.
Thormählen hat deshalb ein zugleich schnelleres und billiges Verfahren
entwickelt. Alles, was er dafür benötigt, ist eine handelsübliche
Videokamera. Es genügt, einmal um das Objekt herumzugehen, ein echtes
Auto etwa, und diese 360-Grad-Videosequenz in den Computer
einzuspeisen. Die von Thormälen entwickelte Software extrahiert aus
dem bewegten Bild die 3D-Information des Gegenstands und wandelt diese
in ein dreidimensionales Objekt, das man anschließend in beliebige
Filmszenen einbauen kann. "Künftig könnten Computer-Spiel-Begeisterte
ihr eigenes Auto filmen, in das Lieblings-Computerspiel einbauen und
damit Rennen fahren."

"3D Szenenanalyse" nennt Thormählen sein Videoextraktionsverfahren.
"Ein Trick besteht darin, in der bewegten Szene markante
Referenzpunkte zu bestimmen und deren Position zu berechnen. Daran
kann man dann die Lage und Gestalt des eigentlichen Objekts, zum
Beispiel des Autos, bestimmen." Das klingt kompliziert, ist aber
deutlich einfacher als bei älteren Methoden, bei denen man zuvor
Orientierungspunkte, Marker, auf das Auto und in den Hintergrund
kleben muss, um anschließend Lage und Gestalt des Autos zu berechnen.
"Unser Verfahren ermittelt im Video seine eigenen Referenzpunkte und
ist damit deutlich anwendungsfreundlicher."


Thormählen ist sich sicher, dass Computerspiele nur eine von vielen
möglichen Anwendungen seiner "3D Szenenanalyse"-Verfahren sind. "Es
ist auch denkbar, die Position von endoskopischen, medizinischen
Geräten bei Schlüssellochoperationen in einem Videobild darzustellen,
was dem Arzt die Orientierung im Körper des Patienten erleichtern
könnte." Und beim Sporttraining könnte man beispielsweise aus dem
Video eines rotierenden Diskuswerfers eine virtuelle 3D-Gestalt
errechnen, um den Bewegungsablauf zu studieren und zu verbessern.

Weitere Informationen erhalten Sie von:

Dr. Thorsten Thormählen
Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken
Tel.: +49 681 9325-417
E-Mail: thormae@mpi-inf.mpg.de

Kristina Scherbaum, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Max-Planck-Institut für Informatik, Saarbrücken
Tel.: +49 681 9325-454
E-Mail: press@mpi-inf.mpg.de

Arten der Pressemitteilung:
Forschungsergebnisse
Forschungs- / Wissenstransfer

Sachgebiete:
Informationstechnik

Weitere Informationen finden Sie unter
http://www.cebit.de/homepage_d - Die CeBIT in Hannover
http://www.uni-saarland.de/aktuelles/presse/pressefotos-speziell.html - Pressebilder zum Herunterladen
http://www.mpi-inf.mpg.de/resources/ReflectionEditing/ - Interactive Reflection Editing (Hintergrundinformation)
http://www.mpi-inf.mpg.de/~thormae/ - Webseite Thorsten Thormählen

Zu dieser Mitteilung finden Sie Bilder unter der WWW-Adresse:
http://idw-online.de/pages/de/image110011
Thorsten Thormählen, Informatiker am Max-Planck-Institut für Informatik und dem Exzellenzcluster der Universität des Saarlandes, hat eine Software entwickelt, mit der sich im Handumdrehen dreidimensionale Abbildungen realer Objekte in virtuelle Filmszenen einbauen lassen.

Die gesamte Pressemitteilung inkl. Bilder erhalten Sie unter:
http://idw-online.de/pages/de/news356832

Kontaktdaten zum Absender der Pressemitteilung stehen unter:
http://idw-online.de/pages/de/institution207

Posted via email from Beiträge von Andreas Rudolf

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